zurück     |       |   Seite drucken    

                                     Pegasus-Onlinezeitschrift IV/1 (2004), 1

 

PD Dr. Thorsten Burkard

Forschung aktuell: Sallust
Ein Forschungsbericht

Im folgenden Beitrag sind nur die drei mit Sicherheit Sallust zuzuschreibenden Werke berücksichtigt, die beiden historischen Monographien ( Catilina und Jugurtha ) und die Historien. Einführungen, wichtige Sammelbände, Lexikonartikel und andere zentrale, gut erreichbare Veröffentlichungen finden sich am Ende in den Literaturverzeichnissen [6–7]. Auf diese Titel wird im Beitrag selbst mit Siglen wie etwa [6.2] oder [7.10] verwiesen. Weitere Literaturangaben finden sich in den Fußnoten. Bei den Abkürzungen der sallustischen Werke wurde auf die Angabe ‚Sall.' verzichtet.

 

Inhalt

(1) Sallust in der Forschung des 20. Jahrhunderts
    (a) Sallusts Verhältnis zu seinen Vorgängern und Quellen
         (Quellenforschung und Intertextualität)
    (b) Sallusts Umgang mit der historischen Wirklichkeit
    (c) Sallusts (partei)politischer Standort und seine Vita
    (d) Sallust und römische Wertvorstellungen
    (e) Sallusts Sprache und Stil
    (f) Sallust als Erzähler
(2) Rezeption in der Neuzeit
(3) Legitimierung
(4) Catilina und Hitler. Bemerkungen und Vorschläge zu einem im Unterricht
     beliebten Vergleich
(5) Anregungen für die Sallust-Lektüre
(6) Liste empfohlener Sekundärliteratur
(7) Auswahlbibliographie
    (a) Wissenschaftliche Ausgaben und Kommentare
    (b) Schulausgaben und -kommentare. Übersetzungen
    (c) Einführungen und Lexikonartikel
    (d) Zu einzelnen Werken
    (e) Zu zentralen Einzelfragen
    (f) Rezeption und politische Bewertung aus heutiger Sicht

 

                                     Pegasus-Onlinezeitschrift IV/1 (2004), 2

(1) Sallust in der Forschung des 20. Jahrhunderts (1)

(a) Sallusts Verhältnis zu seinen Vorgängern und Quellen (Quellenforschung und Intertextualität)

Die Quellen- und Intertextualitätsforschung hat sich vor allem auf die philosophischen Quellen der Proömien, die Beziehungen zwischen Sallusts Catilina und den Schriften Ciceros sowie die Vorbildfunktion griechischer Autoren (v. a. von Platon, Thukydides und Poseidonios) und der älteren römischen Geschichtsschreibung (v. a. Catos) konzentriert. (2) Die Ergebnisse dieser Forschungen sind aufgearbeitet in den großen Kommentaren von Koestermann [7.2], Vretska [7.9], McGushin [7.4 und 7.5], Paul [7.6] und Funari [7.1]. Einen originellen Neuansatz hat Heldmann [6.4] bei seiner Analyse des Catilina -Proömiums unternommen: Heldmann verfolgt nicht, wie bei einer intertextuellen Methodik ansonsten üblich, durchgehend die Quellen und Vorbilder für sallustische Aussagen, sondern greift lediglich für die Stellen, an denen Sallust weniger sagt, als für das Verständnis heutiger Leser nötig wäre, auf antike Parallelen zurück, um so zu erhellen, was Sallust beim zeitgenössischen Leser als selbstverständliches Gemeingut voraussetzen konnte.

 

(b) Sallusts Umgang mit der historischen Wirklichkeit

In den meisten Arbeiten dieser Forschungsrichtung wurden die von Sallust vorgenommenen zeitlichen Umstellungen innerhalb des Catilina, die man aufgrund der Parallelquellen mit einiger Sicherheit identifizieren kann, auf ihre Funktion hin untersucht. So führten etwa die Vertreter der Tendenzhypothese (vgl. unten (c)) in der Nachfolge von Schwartz [7.41] alle Umstellungen auf Sallusts politische Absichten zurück. Dagegen erhoben sich vielfache Einwände; man versuchte, stattdessen die Widersprüche auf Versehen Sallusts oder seine literarischen Intentionen zurückführen. Eine Zusammenschau der bisherigen Ergebnisse und neue Deutungen in Einzelfällen bietet jetzt die Dissertation von Ledworuski [6.5].

 

(c) Sallusts (partei)politischer Standort und seine Vita

Nach ersten Bemerkungen Mommsens über den Caesarianer Sallust, der mit dem Catilina „eine politische Tendenzschrift“, nämlich eine Apologie Caesars verfasst habe, (3) war es Schwartz' einflussreicher Hermes-Aufsatz von 1897 [7.41], der eine ganze Forschungsrichtung einleitete, die sog. Tendenz- oder Parteienhypothese, deren Vertreter Sallusts historische Werke in erster Linie als populare Tendenzschriften zur Verherrlichung Caesars auffassten. Der Prämisse der Tendenzhypothese zufolge soll Sallust Adelige negativ, populare Politiker und homines novi

                                     Pegasus-Onlinezeitschrift IV/1 (2004), 3

hingegen positiv dargestellt haben. Passten Aussagen des Textes nicht in diese Schablone (so etwa das Lob des Metellus im Jugurtha ), so wurden diese als raffinierte Täuschungsmanöver Sallusts entlarvt. (4) Diese Richtung beherrschte die Sallustforschung bis etwa 1928 (vgl. Becker [7.27, 720-724]), hörte aber nie auf, einen zumindest punktuellen Einfluss auszuüben.

Methodisch gesehen ist die Tendenzhypothese eine Unterform der biographistischen Deutungsmethode, d. h. der Analyse der Beziehungen zwischen den Werken und dem (realen) Autor, die Daten aus dem Leben des Autors für die Interpretation seiner Schriften zu nutzen sucht. Zu dieser Richtung gehört Klingners in seinem Hermes-Aufsatz von 1928 [7.54] vorgetragene Verdüsterungs- oder Pessimismushypothese (die insofern eine Gegenbewegung zur Tendenzhypothese darstellt, als sich nach Klingner Sallusts Pessimismus auf alles, also auch auf Caesar, erstreckt): Danach drückt sich in den drei historischen Werken Sallusts Resignation angesichts der gegenwärtigen Verhältnisse aus, und dieses negative Weltbild soll nach Klingner mit der Zeit immer pessimistischer geworden sein. Auch Latte [6.7] leitet in seiner Monographie von 1935 aus Sallusts Schriften ein düsteres Bild der Persönlichkeit des Historikers ab: In der unsteten und fahrigen formalen und stilistischen Gestaltung spiegele sich Sallusts unruhiges und getriebenes Innenleben. Paananen wollte in seiner begrifflich angelegten Studie von 1972 die Frage, ob Sallust selbst ein homo novus war, aus der Deutung seiner Werke beantworten und gelangt dabei zu dem Schluss, dass eine endgültige Entscheidung nicht getroffen werden könne, Sallust aber aller Wahrscheinlichkeit nach zum Ritterstand zu zählen sei [7.60, 90-109]. Syme zählt mit seiner eindrucksvollen Sallust-Monographie [6.3] zu den bedeutendsten Vertretern einer Richtung, die in den dargestellten historischen Ereignissen Anspielungen auf Sallusts eigene Zeit sieht (vgl. auch Christ [7.51]). Wilkins begründet 1994 die Sujetwahl des Catilina damit, dass Sallust Catilina als sein Alter ego betrachtet habe [7.47, 131].

Eine gründliche Untersuchung zur Biographie Sallusts vor dem Hintergrund seiner historischen Werke bietet Malitz [7.57].

 

(d) Sallust und römische Wertvorstellungen

Die Tendenzhypothese musste wie jede einseitige Richtung notwendig Widerspruch hervorrufen, der jedoch zunächst auf Modifikationen ihrer Grundannahmen beschränkt blieb. Durch einen Aufsatz von Drexler [7.52] wurde 1928 die Aufmerksamkeit auf einen neuen Aspekt gelenkt: auf das römische Wertesystem, das Sallusts Werke prägen sollte. In dieser Sichtweise war Sallust kein popularer Pamphletist, der die Fakten nach Belieben verdrehte, sondern ein unparteiischer Historiker mit fest umrissenen ethischen und politischen Maßstäben, die er dem römischen Wertekanon entlehnt und an denen er die Geschichte und ihre Akteure misst. (5) Sallusts Gebrauch archaischen Sprachguts (vgl. unten (e)) wurde

                                     Pegasus-Onlinezeitschrift IV/1 (2004), 4

dabei häufig als Rückbesinnung auf die Ideale des alten Römertums gedeutet (so etwa bei Pöschl [7.62]). Da man sich für das hinter den Werken stehende gedankliche System interessierte, gerieten nun die allgemeinen Aussagen der sallustischen Werke in den Blickpunkt, v. a. die Proömien und Exkurse. (6) Pöschl dehnte in seiner Monographie von 1940 [7.62] die Suche nach römischen Werten auf die Reden aus, um zu zeigen, wie Sallust einzelne Figuren als Sprachrohre seiner Ansichten einsetzt. In späteren Arbeiten wurden vor allem die von Sallust angesprochenen oder beschworenen Wertbegriffe untersucht, so behandelte Earl [6.8] den sallustischen virtus -Gedanken, während Paananen [7.60] möglichst große Teile des sallustischen Begriffssystems erfassen wollte. Gemeinsam ist allen Arbeiten dieser Richtung, dass sie – im Gegensatz etwa zu den Vertretern der Tendenzhypothese – Sallusts moralisches Anliegen ernst nehmen, so dass Sallust zum Vertreter einer moralischen Geschichtsschreibung par excellence werden konnte, der mit der Darstellung geschichtlicher Ereignisse vor allem das Ziel verfolgt, seinen Zeitgenossen das richtige Verhalten zur Nachahmung vor Augen zu stellen und vor Fehlverhalten zu warnen: Diesen Aspekt des sallustischen Werkes hat vor allem Lefèvre in seinem Aufsatz von 1979 hervorgehoben [7.38].

 

(e) Sallusts Sprache und Stil

Im 19. Jahrhundert entstand eine reiche Literatur über die Eigentümlichkeiten der sallustischen Wortwahl, Syntax und Schreibweise. So erstellte Fighiera bereits 1896 die erste moderne Sallustgrammatik. (7) Sallusts Sprache beschäftigte die Forschung aber nicht nur aus rein linguistischem Interesse, sondern auch weil man hoffte, aus seinen Abweichungen von der klassischen Prosa interpretatorische Folgerungen ziehen zu können. Hatte Wölfflin 1875 Sallusts Sprache noch verächtlich als „vulgäres demokratenlatein [sic]“ abgetan, (8) so sah Kroll [6.11] gut fünfzig Jahre später (1927) in den sprachlichen Besonderheiten, die Wölfflin als Vulgarismen bezeichnet hatte, in Übereinstimmung mit den antiken Stilurteilen Archaismen (9) und etablierte damit die bis heute gültige Auffassung. Die nach Kroll erschöpfendste Untersuchung zu Sallusts Archaismus stammt von Lebek [7.56]. Latte [6.7] sah 1935 in Sallusts unruhigem und nervösem Stil ein Abbild seiner Psyche, fand darin aber keine nennenswerte Nachfolge. Stattdessen setzte sich eine Sichtweise durch, der zufolge Sallusts Stil eine bewusste Abwendung vom klassischen, ciceronianischen Ideal darstellt (Syme [6.3]; Richter [7.65]).

 

(f) Sallust als Erzähler

Hatten sich die Vertreter der Tendenzhypothese vor allem für Sallusts politischen Standort interessiert (s. oben (c)) und die von Drexler eingeleitete Gegenbewegung in erster Linie die Weltanschauung der

                                     Pegasus-Onlinezeitschrift IV/1 (2004), 5

sallustischen Werke ins Zentrum der Untersuchung gerückt (s. oben (d)), so gab es bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts nur wenige Forscher, die sich mit dem Schriftsteller, Künstler oder Erzähler Sallust beschäftigten, den Historiker also nicht unter historischen, politischen oder philosophischen, sondern unter literarischen Gesichtspunkten betrachteten. Von den Arbeiten vor 1950 ragt hier durch ihren Einfluss auf die spätere Forschung eine kurze Skizze von Reitzenstein heraus, der den Aufbau der beiden Monographien auf eine Fünfakt-Einteilung zurückführte. (10) Dieser Ansatz wurde 1935 von Bauhofer in seiner Dissertation weiter ausgearbeitet, (11) darf aber heute als überholt gelten.

Zum zentralen Forschungsparadigma, das die anderen Richtungen weitgehend in den Hintergrund drängte, wurde die Kompositionsanalyse aber erst in den Fünfzigerjahren mit den Arbeiten von Büchner [7.33], Vretska [6.2] und Leeman [7.37] zum Bellum Iugurthinum und Steidle [7.43] zu beiden Monographien. Die Vertreter dieser Richtung interessierten sich weniger für die Beziehung der Monographien zum historischen, literarischen und philosophischen Umfeld als vielmehr für die innere Struktur und die sich aus der Anordnung des Stoffes ergebenden Aussagen. Die Frage war nicht mehr, inwieweit Sallust z. B. dem historischen Metellus gerecht geworden ist, sondern wie sich aus der Darstellung an sich eine Bewertung des Metellus herausarbeiten lässt. Mit der von der historischen Realität weitgehend abstrahierenden und auf die Struktur der Werke ausgerichteten Betrachtungsweise war eine Abneigung gegen eine einseitige Sallust-Lektüre verbunden, die in Sallust nur den Politiker, nur den Moralisten oder nur den Geschichtsdenker sehen wollte. Vor allem Büchner hat demgegenüber darauf aufmerksam gemacht, dass Sallust durch die Darstellung gegensätzlicher Standpunkte ein komplexes und realistisches Bild von der Wirklichkeit entwerfen wollte. (12)

Seit den Achtzigerjahren dominieren in der Sallustforschung narratologische Ansätze, die vor allem in der englisch- und italienischsprachigen Forschung verfolgt werden. Dabei wird im Gegensatz zu den früheren Arbeiten der literarischen Richtung nicht mehr der Gesamtaufbau der beiden Monographien untersucht, sondern zunächst der Blick auf das Einzelne gerichtet: auf bestimmte Motive, auf die Figuren oder auf die größeren formalen Einheiten wie Reden und Exkurse; Gärtner [6.12] hat 1986 die von ihm als Reflexionen bezeichneten Passagen (also die Darstellung von Innensicht) untersucht und damit eine Pionierarbeit geleistet. Diese Ansätze versuchten zumeist, zwischen der sallustischen Gestaltung und der Aussageabsicht Korrespondenzen zu entdecken. Vor allem in der englischsprachigen Forschung der Achtziger- und Neunzigerjahre zeigen sich hier Einflüsse der modernen Literaturtheorie, v. a. von Poststrukturalismus und Dekonstruktivismus. Der Glaube, dass der Text eine einzige, feste Bedeutung hat, wird aufgegeben; stattdessen betont man die Brüche und Diskontinuitäten, die Bedeutsamkeit des vom Erzähler Verschwiegenen und nur Angedeuteten. (13) Diese Unbestimmtheit spiegelt sich nach dieser Auffassung in Sprache und Stil der sallustischen Monographien wider, wobei man gerne darauf verweist, dass Sallust selbst

                                     Pegasus-Onlinezeitschrift IV/1 (2004), 6

die Unsicherheit der Bedeutungen betont habe. (14) Mit den literarischen und formalen Brüchen soll ein gebrochenes Weltbild korrespondieren: Sallust wird in dieser Sichtweise zum Historiker einer Gesellschaft, in der die alten römischen Werte ihre Gültigkeit verloren haben. Unter diesen Prämissen wurden vor allem die Reden von Caesar und Cato (Catil. 51-52) und die Charakteristik der beiden Politiker, die sog. Synkrisis, behandelt (Catil. 54), so von Batstone (1988) und Sklenár (1998). (15) Nach Batstones Auffassung zeigt sich in der Synkrisis sowohl die Fragwürdigkeit der virtutes als auch Sallusts eigene Unsicherheit. Sklenár deutet die Cato-Rede (Catil. 52) als Analyse des Verfalls der bestehenden Begriffs- und Wertesysteme. Die formale Unbestimmtheit des Jugurtha zeigt sich nach Levene (1992) in dem offenen Ende und den Aussagen, die über die zeitlichen Grenzen des Werkes hinausweisen. (16) Levene bezeichnet die Monographie daher als ein Fragment, in dem nicht der dargestellte Inhalt, sondern das nur Angedeutete und Unausgesprochene das eigentlich Wichtige sei.

Scanlon [7.66] untersuchte in seiner Monographie von 1987 das Hoffnungsmotiv und versuchte zu zeigen, wie Sallust sowohl auf der Ebene der Geschichte (in den Figuren) als auch auf der Ebene der Erzählung (im Leser) Hoffnung erzeugt und diese in der Folge enttäuscht. Die Untersuchung einzelner, zentraler Motive (bei Scanlon des Hoffnungsmotivs) stellte einen bis zu diesem Zeitpunkt vernachlässigten Ansatz dar; bisher hatte man die Werke immer nur vom Ganzen ausgehend gedeutet. Weitere Motivanalysen dieser stark zum Poststrukturalistischen neigenden Richtung beschäftigten sich bezeichnenderweise mit der Thematik der Grenzen, der Unordnung und der Zwietracht, so die Aufsätze von Wiedemann [7.45], Kraus / Woodman [7.30] und Kraus [7.35]. Diese Arbeiten gehen sogar so weit, das jeweilige Motiv zum Schlüssel für das Verständnis des sallustischen Werkes sowohl auf der Ebene der Geschichte als auch auf der Ebene der Erzählung zu erheben. (17)

Wie im Catilina die Grenzen zwischen Gut und Böse verschwimmen, wollte Wilkins 1994 anhand ihrer vergleichsweise positiven Deutung der Hauptfigur zeigen [7.47]. Im Gegensatz zu Wilkins' dekonstruktivistischem Ansatz sind die Analysen der Personendarstellung von Christiansen (1990) und Green (1991) als traditionell zu bezeichnen. (18) So führte Christiansen eine in erster Linie textimmanente Analyse der wichtigsten sallustischen Figuren durch und gelangte dadurch vor allem zu neuen Detail­erkenntnissen. Green beschränkt sich dagegen auf die Jugurtha-Gestalt, die sie vor dem Hintergrund der Tradition betrachtet und mit dem Gegensatz ‚zweiter Kyros – Barbarenkönig‘ zu beschreiben versucht. Nach ihrer These entwickelt sich Jugurtha von einem idealen Herrscher, der dem xenophontischen Kyros nachempfunden ist, zu einem Barbarenkönig. Rein strukturalistisch hingegen ist der Ansatz von Späth [7.42], der mithilfe der modernen Aktantentheorie das Personenrepertoire des Catilina analysiert hat.

                                     Pegasus-Onlinezeitschrift IV/1 (2004), 7

Ein anderer narratologischer Ansatz wurde von italienischen Forschern verfolgt, die sich auf den stärker narrativisch strukturierten Jugurtha konzentriert haben: Oniga (1990) (19) und Brescia [7.49] haben in ihren Arbeiten sallustische Erzählstränge mithilfe allgemeiner narratologischer bzw. anthropologischer Strukturen beschrieben. So vergleicht Brescia die Belagerung des Muluccha-Kastells (Iug. 92-94) mit dem Märchenmotiv der Befreiung einer Prinzessin [7.49, 43-53]: Jugurthas Schätze entsprächen der Prinzessin, die Numider dem bösen Zauberer, weil sie die ‚Prinzessin‘ an einem entfernten, unwirtlichen Ort gefangen halten, die Römer schließlich dem ritterlichen Held.

Das einzige Werk, das nach den großen Sallust-Arbeiten eine umfassende narratologische Darstellung zumindest einer der beiden Monographien gewagt hat, ist die Dissertation von Williams (1997). (20) Williams verwendet die narratologische Methodik vor allem, um nachzuweisen, dass Sallust darum bemüht ist, die Glaubwürdigkeit seiner Darstellung zu erhöhen; sie untersucht also Sallusts Erzählstrategie. Es lässt sich übrigens allgemein feststellen, dass allmählich das Problem der Glaubwürdigkeit Sallusts (also eine eigentlich historische Fragestellung) wieder in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit rückt (vgl. etwa Stone [7.67]).

Die oben vorgenommene Zuordnung der einzelnen Forschungsarbeiten zu der einen oder anderen Kategorie ist in mehreren Fällen einseitig, da damit nur beschrieben werden kann, welches Erkenntnisinteresse für den jeweiligen Forscher das dominierende war. So finden sich etwa in Schwartz' Aufsatz [7.41] (s. o. unter (c)) viele treffende literarische Beobachtungen. Man kann auch dem gedanklichen Reichtum der großen seit den Sechzigerjahren entstandenen Sallust-Monographien nicht gerecht werden, wenn man sie auf eine einzige Fragestellung reduziert. Überhaupt lässt sich in den meisten Arbeiten nach 1960 das Bestreben erkennen, die verschiedenen Ansätze, soweit sie vereinbar sind, miteinander zu kombinieren. Exemplarisch für diese Tendenz ist die umfangreiche Arbeit von Tiffou (1974), die man sogar als Forschungsbericht bezeichnet hat (Heldmann [6.4, 21]). (21)

 

(2) Rezeption in der Neuzeit

Obwohl Sallusts Werke mit fast ungebrochener Kontinuität zur Schullektüre gehörten, ist die Rezeption dürftig, auch wenn man bedenken sollte, dass hier in der Forschung noch Nachholbedarf besteht; man vergleiche aber Bolaffi [7.71], Osmond [7.76], Schindel [7.78], Speck [7.79] und vor allem den wichtigen Sammelband von Poignault [7.77].

Aktuellen Bezug hat Blondets Streitschrift Elogio di Catilina e Berlusconi [7.70]. Aus diesem knapp 80 Seiten umfassenden Buch ließen sich unschwer einige Passagen in deutscher Übersetzung (die vom Lehrer zu leisten wäre) im Anschluss an eine Catilina -Lektüreeinheit lesen.

                                     Pegasus-Onlinezeitschrift IV/1 (2004), 8

Als interessant-skurriles Rezeptionsdokument darf der groteske Roman O Catilina. Ein Lust- und Schaudertraum von Albert Drach gelten [7.74]. (22)

Kaum für eine Behandlung in der Klasse geeignet ist die populäre Epigonalliteratur, die nur die Oberflächenspannung des Stoffs ausbeutet und allenfalls eine gewisse Anregung bieten kann: John Maddox Roberts: Die Catilina-Verschwörung, München 1993; Steven Saylor: Das Rätsel des Catilina, München 1996. Für den Einsatz im Lateinunterricht zu empfehlen ist dagegen die seit 1967 erscheinende mehrbändige Comicreihe Jugurtha von Jean-Luc Vernal, Franz (Drappier), Hermann (Huppen) und Michel Suro [7.80]. Einige Folgen dieser Reihe setzen das Bellum Iugurthinum phantasievoll in das Medium des Comics um (während andere frei fabulieren) und stilisieren den numidischen König zum Freiheitshelden – hier lassen sich wohl die Nachwirkungen des französischen Algerienkriegs (1954-1962) mit Händen greifen. Erwähnung verdienen in diesem Zusammenhang auch Versuche der neueren Forschung, Catilina oder Jugurtha als Freiheitskämpfer zu interpretieren, so dass etwa letzterer zu einem Prototypos für afrikanische Unabhängigkeitskämpfer wird, vgl. Claassen [7.73], außerdem Meulder [7.75]. Über die politische Problematik hinaus kann anhand dieser Rezeptionsbeispiele mit den Schülern die Frage diskutiert werden, wie weit sich die Interpretation eines Textes von diesem entfernen bzw. einen seiner Aspekte absolut setzen darf. Auch der Themenkreis der Autorität der Klassiker kann in diesem Zusammenhang behandelt werden.

Auch sonst wird Catilina in der Literatur häufig zu einem, meistens durchaus sympathetisch gezeichneten (Sozial-)Revolutionär, am prominentesten bei Henrik Ibsen (1828-1906), Ferdinand Kürnberger (1821-1879) und Bertolt Brecht (1898-1956). Ibsens erfolgloses Erstlings-Drama Catilina erschien 1850 unter einem Pseudonym. Hier tritt uns ein idealistischer Catilina entgegen, der sich von den Lastern Roms mit Abscheu abwendet und durch seine Verschwörung einen neuen Staat im Geiste des alten Cato errichten will. Ibsen hat die Handlung um melodramatische Liebesgeschichten, denen Catilina schließlich zum Opfer fällt, erweitert. (23) In Kürnbergers Drama von 1855 opfert sich der römische Adelige als aufrechter, die Sitten seiner Zeit anprangernder Revolutionär für die republikanischen Ideale. Brechts Romanfragment Die Geschäfte des Herrn Julius Caesar (entstanden 1937-1939) dreht sich großenteils um Catilinas Aktivitäten im Jahre 63 v. Chr., ohne dass sich ausführliche Sallust-Reminiszenzen nachweisen lassen; vgl. zu Brecht und Sallust Chomarat [7.72]. Der russische Revolutionsdichter Alexander Blok (1880-1921) verfasste 1918 einen Essay über Catilina; vgl. dazu von Albrecht [7.81, 48-57 mit Literatur].

Dagegen war Catilina in Ben Jonsons (1572-1637) nach dem Vorbild Senecas gearbeiteten Tragödie Catiline (1611) noch als der wahnsinnige, maßlos-böse, demagogische Verschwörer erschienen. Dieses Drama ist vor allem deswegen für die Rezeption bedeutungsvoll, weil sich Jonson sehr eng an Sallusts Darstellung hält und z. B. dessen Catilina-Reden frei nachgestaltet hat.

                                     Pegasus-Onlinezeitschrift IV/1 (2004), 9

(3) Legitimierung

Fragt man nun nach der Legitimierung Sallusts im Schulunterricht des 21. Jahrhunderts, so ist, wie gerade gesehen, zuerst als Mangel zu verzeichnen, dass man eine breite und bedeutsame Rezeption seiner Werke kaum als Argument anführen kann. Dieses scheinbare Defizit er­weist sich aber beim zweiten Hinsehen als Vorteil, da man sich auf das Werk selbst konzentrieren kann, das andernfalls durch allzu deviierende Lektüren im Laufe der Jahrhunderte verstellt worden sein könnte.

Mit welchen Argumenten lässt sich nun der Anspruch untermauern, Sallust im lateinischen Lektüreunterricht einen hervorgehobenen Platz einzuräumen?

(a)  Da ist zunächst der Stil. Sallust ist nicht der Meister der weit ausholenden Periode wie Cicero oder Livius, aber er hat die Fähigkeit, einen Sachverhalt in wenigen Worten und Sätzen treffend, klar und eindringlich zu formulieren – das ist die Tugend der brevitas, die seine Bewunderer immer wieder an seiner Sprachbehandlung hervorgehoben haben. (24) Man unterziehe sich einmal der Mühe und verwandele eine Sallust-Passage in ciceronianisches Latein, oder, was auf dasselbe hinausläuft, man vergleiche im Unterricht inhaltlich ähnliche Stellen der beiden Schriftsteller (Ciceros Catilinarien bieten sich hier an, vgl. zu den inhaltlichen Berührungspunkten die Materialsammlung von Drexler [6.10]), um zu zeigen, wie sich Ciceros Amplifikationsstil von sallustischer Beschränkung auf das Wesentliche unterscheidet.

(b)  Hand in Hand mit Brillanz und Pointierung des Stils geht eine, vor allem im Jugurtha zu erkennende, Meisterschaft im Schriftstellerischen. Wenn man dem Schüler erst einmal begreiflich gemacht hat, dass die beiden Monographien (und wohl auch die Historien) nicht trockene Geschichtsschreibung, sondern gleichsam historische Romane sind, die auch als solche gelesen sein wollen, so kann man ihn in einem zweiten Schritt an die funktionale Verwendung (fast) jedes Details, die absichtliche Sparsamkeit bei den Charakterzeichnungen, die Ökonomie der Darstellung heranführen. Hier wird auf einer höheren Ebene ein Stilwille erkennbar, der den Vergleich mit anderen großen Werken der Weltliteratur nicht zu scheuen braucht. Sallust als Schriftsteller ist bisher – nicht nur in der Schule – viel zu wenig gewürdigt worden.

(c)  Man hat Sallust als Moralisten bezeichnet, und zuweilen klang dieses Etikett – absichtlich oder unabsichtlich – fast wie ein leichter Vorwurf gegenüber einem allzu altväterischen, allzu bigotten Schriftsteller, der zwischen den Maßstäben, nach denen er andere be- und verurteilte, und der Bewertung seines eigenen Verhaltens

                                     Pegasus-Onlinezeitschrift IV/1 (2004), 10

wohl zu unterscheiden wusste. Der Moralist Sallust galt somit oft nur als Vorläufer eines Größeren, des Zynikers Tacitus, hinter dessen messerscharfer Analyse der menschlichen Seele der Frühere als Wegbereiter zurückzutreten hatte. Es wäre interessant, inwieweit es im 20. Jahrhundert durch die Zeitumstände bedingt war, dass Tacitus, der Tyrannenfeind, so hoch im Kurs stand und man mit Sallust, dem Nur-Republikaner (wenn nicht Caesarianer), so wenig anzufangen wusste. So sei hier die These gewagt, dass Sallust den Vorrang für sich beanspruchen darf – und zwar gerade in der heutigen Zeit. Während in den sallustischen Monographien ein moralisches Fundament für ein Weltreich gelegt werden soll, kann man sich nur schwer des Eindrucks erwehren, dass Tacitus den Expansionismus um seiner selbst willen lanciert. Sallust ist in weitaus höherem Maße der Lektüre wert als Tacitus, weil bei ihm die auch von Cicero wiederholt ausgesprochene Vision eines friedlichen und moralischen Weltreichs zu einem komplexen literarischen Werk geworden ist.

Wenn es wirklich stimmt, dass Sallust um die Jahrtausendwende an deutschen Schulen genauso häufig wie Martial gelesen wird und sogar seltener als Phaedrus, Plinius und Catull, (25) so ist es höchste Zeit, an diesen Verhältnissen etwas zu ändern: Soll man es wirklich hinnehmen, dass ein gehalt- und anspruchsvoller, ein gedankenreicher und stilistisch brillanter Schriftsteller hinter Autoren zurücktreten muss, deren Werke unbestritten einen deutlich schlichteren Zuschnitt verraten? Warum wird das hohe reflexive und moralische Niveau Sallusts zugunsten von Dichtungen und Briefen vermieden, die sich oft der Alltagsliteratur nähern? Sprachlich ist Sallust nicht schwieriger als Catull oder Plinius. Viel eher herrscht wohl das Bestreben vor, den Schüler mit unterhaltsamer, aus dem Leben gegriffener und geistig nicht allzu fordernder Lektüre für das Lateinische zu gewinnen. Mit einem solch negativen Schülerbild schadet man aber beiden Seiten: dem Schüler und der Sprache – von Sallust und dem Lateinunterricht ganz zu schweigen.

 

(4) Catilina und Hitler. Bemerkungen und Vorschläge zu einem im Unterricht beliebten Vergleich

Dem Verschwörer L. Sergius Catilina legt Sallust zu Beginn der eigentlichen Erzählung eine längere Rede in den Mund (Catil. 20), deren Ziel es ist, seine Anhänger auf die Verschwörung einzustimmen. In der einschlägigen Literatur wurde Catilinas rhetorische Strategie oft als demagogisch bezeichnet, da er Tatsachen verdrehe und allgemein anerkannte Begriffe willkürlich umwerte, um sie seinen Zwecken dienlich zu machen. So lagen Vergleiche mit der Propaganda des 20. Jahrhunderts nahe – zumal mit der nationalsozialistischen. Friedrich Maier hat ein Unterrichtsprojekt skizziert, in dem diese Rede Catilinas vor einem kleinen ausgewählten Kreis mit einer Hitler-Rede an die Gesamtheit der deutschen Soldaten im Jahre 1941 verglichen werden soll.

                                     Pegasus-Onlinezeitschrift IV/1 (2004), 11

Betrachtet man Maiers anregendes Unterrichtsprojekt genauer, so reduziert sich hier die Vergleichbarkeit auf die Intention. Beide Reden sind Suasiones, also zum Genus deliberativum gehören; wie Catilina so will auch Hitler die Zuhörer zu einer bestimmten, nämlich gewaltsamen Handlung auffordern; beide Redner verwenden den Freiheitsbegriff, beide verlassen sich auf die Treue der Angesprochenen und solidarisieren sich mit ihnen (vgl. Maier a. O. 152). Schon hier erheben sich drei Einwände. Erstens: Wenn die Gemeinsamkeiten so spärlich sind, hätte man auch jede beliebige andere appellative Rede zum Vergleich heranziehen können. Zweitens ist zu fragen, ob die genannten Begriffe wirklich in gleicher Weise verwendet werden. Der dritte Einwand ist politisch-pädagogischer Natur: Zieht man den Vergleich unter Absehung von den historischen Gegebenheiten, so droht die Gefahr der Verharmlosung Hitlers: Catilina ist ein fast ebenso erfolgloser wie machtgieriger und hochverschuldeter Adeliger, der die Verschwörung als legitimes Mittel betrachtet, um seine materialistischen Ziele zu erreichen. Er wird scheitern, ohne dass der römischen Republik aus seinen Machenschaften ein allzu großer Schaden entstanden ist. Am Ende fällt Catilina in der für die Verschwörer vernichtenden Entscheidungsschlacht. Die Verschwörung war ein Sturm im Wasserglas; ihr Anführer ein fast schon tragischer, beinahe heldenhafte Züge annehmender, verbrecherischer Wirrkopf. Es liegt auf der Hand, dass es nicht allzu viele Berührungspunkte zwischen der catilinarischen Verschwörung und dem Dritten Reich gibt, wenn man von dem bloßen Willen zum Verbrechen absieht.

Diesen Einwänden zum Trotz übt der Vergleich eine gewisse Anziehungs­kraft aus, wie Maier nach seiner eigenen Aussage (a. O. Fußn. 50 und S. 152) von Kollegen und Schülern bestätigt wurde und wie auch der Verfasser aufgrund von Gesprächen mit Studenten und Lehrern versichern kann. Wie lässt sich also der Vergleich zunächst einmal a limine rechtfertigen? Pathetisch formuliert sind beide Reden Manifeste des Bösen; aber sie sind es in völlig verschiedener Art und Weise, und der Vergleich ist ohne die Einbeziehung des historischen Hintergrunds (den man für das Dritte Reich leider keineswegs naiv voraussetzen darf!) nicht zu ziehen, ja womöglich sehr bedenklich. Es wird also darum gehen, bei dem Vergleich die entscheidenden Unterschiede und tieferen Verbindungslinien hinter den oberflächlichen Gemeinsamkeiten hervortreten zu lassen. Wir werden sehen, dass sich beide Reden gerade aufgrund der Unterschiede besser verstehen lassen, die durch den Vergleich schärfer hervortreten.

                                     Pegasus-Onlinezeitschrift IV/1 (2004), 12

Der erste Unterschied liegt zunächst einmal in den rhetorischen Mitteln: Während Hitler den Nutzen (die utilitas causae ) allenfalls anklingen lässt und sich stattdessen auf allgemeine Prinzipien (nämlich das Wohl des deutschen Volkes) beruft (also die honestas causae beschwört), ist es bei Catilina umgekehrt: Seine Rede ist fast durchgängig ein Aufruf zur Selbstbereicherung und zur Übernahme der Macht; die Handlungsweisen der Mächtigen und Reichen werden nicht vor einem größeren ideellen Hintergrund kritisiert, sondern aus einem einzigen Grunde, nämlich weil sich die Catilinarier von den Fleischtöpfen der Nobilität ausgeschlossen fühlen. Catilina ruft seine Anhänger keineswegs, wie in der Forschung oft (und so auch bei Maier) zu lesen ist, dazu auf, ein bestehendes Unrechtsregime zu beseitigen, in dem die Armen und sozial Schwachen benachteiligt werden, um an dessen Stelle eine gerechte Republik zu setzen, sondern verfolgt allein eine Umkehrung der materiellen Verhältnisse zugunsten der Catilinarier: Catilina will gemeinsam mit seinen Anhängern an die Stelle der derzeit herrschenden Nobilität treten; an eine Änderung des Systems oder gar an eine gerechte Umverteilung, von dem breite Bevölkerungsschichten profitieren würden, ist nicht einmal ansatzweise gedacht (vgl. auch Syme [6.3, 74]). Es ist daher falsch, Catilina als Demagogen zu bezeichnen, der durch falsche Versprechungen oder mittels der heuchlerischen Verwendung idealer Begriffe das Volk auf seine Seite zu ziehen sucht. Im Gegenteil: Im Kreise der Seinen spricht er deutlich aus, was seine Ziele sind; die Zuhörer der Rede sollen nicht für die Freiheit an sich kämpfen, sondern für ihre eigene Freiheit, und das heißt: für die Erfüllung ihrer materiellen Bedürfnisse. Catilina glaubt an das, was er sagt, und gibt sich eben dadurch als das zu erkennen, was er ist: ein skrupelloser Schurke, der ideale Begriffe egozentrisch umdeutet.

Dagegen argumentiert Hitler fast ausschließlich unter Berufung auf ein höheres Prinzip, nämlich die Freiheit des deutschen Volkes. Im Gegensatz zu Catilina macht er den Zuhörern keine persönlichen Versprechungen: Die ganze Rede ist darauf ausgerichtet, den Willen der Soldaten, ihr Leben für das Vaterland zu opfern, zu stärken oder überhaupt erst zu wecken. Der Redner sieht sich ebenso wie seine Zuhörer als Diener des eigenen Volkes – einer Größe, die in Catilinas Rede völlig ausgeblendet ist. (26) Die verwendeten idealen Begriffe werden also auf unterschiedliche Art und Weise instrumentalisiert.

Ist Catilina also der egoistische Utilitarist und Hitler ein selbstloser Idealist? Haben wir es etwa – horribile dictu – mit einem Vergleich zu tun, der zugunsten des Diktators ausfällt? Nein. Sallusts Rede ist ein Kunstprodukt (27) und dient der Charakterisierung seines Protagonisten; diesem Zweck ist die ganze Rede untergeordnet, so dass wir berechtigt sind, aus der Rede selbst ein (wenn auch vorläufiges) Charakterbild des Redners zu gewinnen. Das ist bei einer wirklich gehaltenen Rede in der Regel unmöglich, ja, es verbietet sich geradezu, sie unabhängig von ihrem historischen Kontext zu interpretieren. Über Sallusts Catilina können wir ein Urteil fällen, da er sich bereits durch seine Rede desavouiert – Hitler tut uns den Gefallen mit seiner Ansprache nicht, solange wir das historische Umfeld ignorieren (oder, wozu Maier zu neigen scheint, beim Schüler einfach voraussetzen).

                                     Pegasus-Onlinezeitschrift IV/1 (2004), 13

Erst wenn man die Unrechtmäßigkeit und Sinnlosigkeit eines Weltanschauungskrieges, durch den jedes Völkerrecht gebrochen wurde, und den brutalen Zynismus, mit dem Menschen ermordet und geopfert wurden, in die Interpretation einfließen lässt, kann man die Rede bewerten. Erst dadurch werden auch die tieferen Gemeinsamkeiten der beiden Reden deutlich: Catilina und Hitler sind bereit, die außerhalb ihrer eigenen Gruppe stehenden Menschen ohne jegliche Bedenken für ihre Zwecke zu ermorden – dies wird aber im Falle Catilinas in viel höherem Maße aus der Rede selbst deutlich. Darüber hinaus haben beide Redner die Neigung, sich selbst als Opfer der Umstände und die jeweiligen Gegner als Aggressoren darzustellen, also die eigene Schuld auf die Feinde zu projizieren: Bei Catilina sind es die nobiles, Hitler spricht unbestimmt-wahnhaft von „jüdisch-kapitalistischen Interessen“. Diese identische Haltung der Projektion ist auffällig und sollte in der Klasse ausführlich besprochen werden. (28)

Des Weiteren gibt Hitler vor, für das deutsche Volk zu handeln; in Wirklichkeit wird er derjenige sein, der es in den Untergang führt. Der Lauf der Ereignisse straft den Redner Lügen und demaskiert seine Rede damit ex post als eine Ansammlung von hohlen Phrasen – was nota bene für Catilina nicht gilt; er bekennt sich zu seinem Verbrechertum.

Diese Entlarvung des Redners durch seine Handlungen, die seinen ideal klingenden Worten widersprechen, ist nun aber typisch für einen anderen sallustischen Protagonisten – für den Marius des Bellum Iugurthinum . Seine Rede zum Antritt seines Konsulats (Iug. 85) (29) ist eine Selbstbelobung und zugleich eine hasserfüllte Invektive gegen die Nobilität. Es lässt sich nun im Einzelnen zeigen, wie die Behauptungen und Versprechen des Marius durch die Umstände des Krieges widerlegt werden (oder bereits widerlegt worden sind). (30) Es gibt noch eine weitere Parallele zwischen diesen beiden Reden: Wie Hitler hat sich Marius aus kleinen Verhältnissen nach oben gearbeitet, und so identifizieren sich beide mit dem einfachen Soldaten, der der Adressat ihrer Ansprachen ist: Beide verweisen auf ihre für den Gemeinen typischen Fronterfahrungen. Diese weitgehende Identifizierung ist viel überraschender als die von Maier a. O. 152 konstatierte „Solidarisierung mit den Mitverschwörern“, die wir in Catilinas Rede finden: Bei den Catilinariern handelt es sich großenteils um Standesgenossen, die in der Tat durch einen aus­schweifenden Lebenswandel unter demselben Los zu leiden haben wie ihr Anführer; es gibt de facto keine soziale Differenz. Dagegen sprechen in den anderen beiden Reden die obersten Staats- bzw. Heerführer zu einfachen Soldaten (und nicht etwa zu einem exklusiven Kreis hoher Offiziere). Die Tatsache der Solidarisierung ist hier also viel auffälliger.

Kehren wir zu dem von Friedrich Maier vorgeschlagenen Vergleich zurück. Man hat in der Forschung zuweilen behauptet, dass Catilina erst am Ende der Rede ‚die Maske des Biedermanns fallen lasse' (vgl. etwa Vretska [7.9, 314]). Das ist falsch: Durch die ganze Rede hindurch zeigt er sich als gewaltbereiter Revolutionär, der mit allen Mitteln an die Macht kommen will. Wendet man die Formel aber auf die Hitler-Rede an, so wird man feststellen, dass sie die Wahrheit durchaus trifft.

                                     Pegasus-Onlinezeitschrift IV/1 (2004), 14

Die Rede endet mit der Aufforderung des Redners, ihm „in Treue und Gehorsam [zu] folgen bis zur endgültigen Rettung des Reiches“. In jeder anderen Rede würde man das wohl als Floskel des neuen Oberbefehlshabers auffassen, aber hier nicht. Hier bricht wirklich der bisher gut kaschierte Machthunger hervor, der sich in der Catilina-Rede durchgängig zeigt.

Ein Vergleich zwischen Hitler-Rede und Catil. 20 wird also nicht so sehr die auf der Textoberfläche liegenden Gemeinsamkeiten (wie Maier meinte) als vielmehr die identischen Geisteshaltungen (Exklusivität der eigenen Gruppe und daraus resultierende gewissenlose Brutalität gegen Außenstehende; deutliche Neigung zur Projektion) und die Unterschiede herauszuarbeiten haben. Diese Unterschiede entstehen offenbar nicht zuletzt durch die unterschiedlichen Grade an Fiktionalität: Die Analyse der tatsächlich gehaltenen Rede ist komplexer, da sie das historische Umfeld einbeziehen muss. Es ist geradezu eine Ironie, dass Hitler durch sein ganzes Verhalten die Inhalte seiner Rede (d. h. selbstloser Einsatz zum Wohl des deutschen Volkes) immer wieder Lügen gestraft hat, Catilina hingegen seine Versprechungen (soweit sie seinen Charakter betreffen) einhält und in der Entscheidungsschlacht fast als Held fällt. Maiers Vorgehen enthüllt die Schwächen des Vergleichs und damit jedes ahistorischen Vergleichs: Er deutet die eine Rede in die andere hinein und umgekehrt, ohne zuvor ihren jeweiligen Besonderheiten gerecht zu werden. Erst auf der Grundlage dieser Besonderheiten wird man einen gewinnbringenden Vergleich ziehen können. Unsere skizzenhafte Analyse hat des Weiteren gezeigt, dass man die Ansprache Hitlers auch mit Passagen einer anderen Rede des Corpus Sallustianum in Zusammenhang bringen kann (Iug. 85).

 

(5) Anregungen für die Sallust-Lektüre

Im Verlauf unserer Analyse eines Vergleichs von Catil. 20 mit einer Rede aus dem 20. Jahrhundert haben wir bereits einen neuen Vorschlag für die Sallust-Lektüre gemacht, indem wir die Marius-Rede (Iug. 85) als Vergleichsobjekt benannt haben. Dieser Vorschlag entspringt einem Anliegen, das in diesem Abschnitt weiter verfolgt werden soll: die Etablierung des Bellum Iugurthinum im Kanon der Schule. Obwohl in der Sallust-Forschung der Jugurtha gegenüber dem Catilina als das reifere und strukturiertere Werk gilt, obwohl hier zur innenpolitischen Komponente die Außenpolitik (und damit erst das Imperium Romanum) hinzukommt, obwohl durch die Buntheit der Ereignisse sogar der reine Unterhaltungscharakter höher ist, wird Sallusts zweite Monographie sowohl an der Schule als auch in fachdidaktischen Veröffentlichungen weitgehend ignoriert (eine Ausnahme ist Widdra [7.46], bei dem sich auch eine ausführliche Skizze eines Unterrichtsprojekts für die 11. Klasse zu Iug. 9,4-11,1 findet). (31) Hier sollen daher drei (weitere) Vorschläge für umfangreichere Sallust-Lektüreeinheiten gemacht werden.

                                     Pegasus-Onlinezeitschrift IV/1 (2004), 15

(a)  Die innen- und außenpolitischen Aspekte des Werkes vereinigen sich wie in einem Brennspiegel in der Rede des Volkstribunen Memmius vor dem römischen Volk (Iug. 31). Auch hier erweist sich ein Vergleich mit der ersten Catilina-Rede (Catil. 20) als ergiebig, da sich anhand der scheinbaren Parallelen die Unterschiede zwischen einem hab- und machtgierigen Egoisten und einem verantwortungsbewussten Politiker, der seine Kraft für das Wohl der ihm anvertrauten Plebs einsetzt und damit für den gesamten römischen Staat wirkt, deutlich herausarbeiten lassen. Eine bequeme Übersicht über die Parallelen zwischen den beiden Reden findet sich bei Ledworuski [6.5, 188f.]. Die Rede des Memmius konterkariert aber nicht einfach nur die staatsgefährdenden Äußerungen Catilinas über die Werkgrenzen hinweg, sondern sie kreist auch, unabhängig von der konkreten historischen Situation des Jahres 111, unablässig um die Frage, wie man gewaltsame innenpolitische Auseinandersetzungen ohne Anwendung von Gewalt, gestützt allein auf das Instrumentarium von Recht und Gesetz beenden kann (vgl. zur Memmius-Rede Zecchini [6.14]). Die sich hier manifestierende Integrität des Memmius wird scheitern, wie aus dem weiteren Verlauf der im Jugurtha geschilderten inneren Kämpfe in Rom hervorgeht, aber seine Ideen werden dadurch nicht desavouiert. Diese von Sallust ohne Pathos dargestellte Tragik des Volkstribunen Memmius kann der Lehrer bei der Behandlung der Rede zwanglos mit dem Parteienexkurs verbinden (Iug. 41-42), in dem Sallust einen auktorialen Überblick über die Parteikämpfe seit der Zerstörung Karthagos gibt und gegen dessen Ende der berühmte Satz fällt: Sed bono vinci satius est quam malo more iniuriam vincere (Iug. 42,3). Die Interpretation dieser Sentenz ist umstritten, aber hier formuliert Sallust seine aus den innenpolitischen Wirren gewonnene staatsphilosophische Erkenntnis, um die sich bis zu einem gewissen Grad der ganze Jugurtha bewegt. (32) Die Diskussion zu Iug. 42,3 ist jetzt zusammengefasst und weitergeführt bei Latta [6.13].

(b)  Der eigentliche Anfang des Jugurtha, also der erste ausführlichere narrative Abschnitt, ist ein Meisterwerk der Erzählkunst (Iug. 6-9) (33) – nicht nur dass hier alle Motive der späteren Erzählung zumindest in nuce schon vorkommen: auch die einzelnen Teile ergeben sich mit innerer Notwendigkeit auseinander. An dieser Passage lässt sich in einzigartiger Weise zeigen, wie in einem gelungenen literarischen Kunstwerk jedes Element eine Nah- und eine Fernwirkung auszuüben vermag; einige Beispiele seien in Kürze angeführt: Die Beschreibung Jugurthas (Iug. 6,1) dient nicht nur der Einführung dieser Figur, sondern hier werden genau die Charaktereigenschaften genannt, die den Argwohn seines Onkels Micipsa hervorrufen und damit die Handlung in Gang setzen (Iug. 6,2-7,1). Mit seinen Heldentaten auf dem spanischen Kriegsschauplatz macht Jugurtha nicht nur Micipsas Pläne zunichte, sondern gewinnt auch die Anerkennung der Römer, was wiederum die Handlung weiterführt (Iug. 7).

                                     Pegasus-Onlinezeitschrift IV/1 (2004), 16

Wenn Scipio Jugurtha vor den Einflüsterungen der korrupten Römer warnt, so ist diese Warnung einerseits die unmittelbare Reaktion auf das Auftreten von novi atque nobiles, andererseits deutet Scipios Mahnung schon auf das weitere Schicksal Jugurthas voraus (Iug. 8). Dieser Abschnitt kann mit Schülern unter den genannten Aspekten eingehend besprochen werden; als erste Hilfestellung für die gemeinsame Lektüre eignet sich vorzüglich die Behandlung bei Vretska [6.2].

(c)  Am faszinierendsten sind im Bellum Iugurthinum neben der Darstellung des numidischen Protagonisten sicherlich die Zeichnungen der drei wichtigsten römischen Feldherrn (Metellus, Marius, Sulla) und ihr Verhältnis zueinander. Im Rahmen dieses Themenkomplexes sind folgende Passagen lesenswert: die Wiederherstellung der Ordnung in der römischen Numidienarmee durch Metellus (Iug. 43-45), die aufflammende Feindschaft zwischen Marius und Metellus und der sich darin spiegelnde soziale Konflikt zwischen dem Aufsteiger (dem homo novus ) und dem intransigenten Adeligen (Iug. 63-65 und 85), schließlich die überraschend positive Sulla-Charakteristik (Iug. 95-96). Auch die aus heutiger Sicht zuweilen verbrecherische Kriegsführung der drei Feldherrn und die Bewertung durch den Autor verdient Beachtung. So wendet Metellus die Taktik der verbrannten Erde an (Iug. 54-55), hält Jugurtha durch absichtliche Verzögerungen über Gebühr hin, als dieser um Frieden nachsucht (Iug. 46), lässt einen Stadtpräfekten hinrichten, der als einziger einem Gemetzel der Numider entkom­men konnte (Iug. 66-69); Marius gibt den Befehl, eine Stadt­bevölkerung niederzumachen (Iug. 91,6f.) – eine Maßnahme, die von Sallust ausdrücklich gebilligt wird. (Dagegen zeichnet sich Sulla übrigens vor allem durch diplomatisches Geschick aus.) Hier bieten sich Vergleiche mit Ciceros bellum iustum -Theorie an, wie sie in De officiis entwickelt wird. (34) Darüber hinaus wäre die Frage zu stellen, inwieweit sich die Billigung solcher Methoden mit dem sonstigen radikalen Moralismus Sallusts und mit der Idee eines imperium iustum vereinbaren lässt.

 

(6) Liste empfohlener Sekundärliteratur

Hier wurden diejenigen Veröffentlichungen aufgenommen, die nach Ansicht des Verfassers am ehesten geeignet sind, dem Lehrer (und dem Schüler) einen raschen ersten Überblick über allgemeine Themenkomplexe und wichtige spezielle Fragen zu geben. Da die Auswahl notwendig subjektiv bleiben muss, sei der ergänzende Blick in das weiterführende Literaturverzeichnis [7.] empfohlen.

Die Titel wurden nach folgenden Kriterien ausgewählt: Relevanz für den Unterricht; Grad des Einführungscharakters; bibliographische Erreichbarkeit. (35) Die Reihenfolge ist zugleich eine Rangfolge unter Maßgabe der genannten Kriterien.

                                     Pegasus-Onlinezeitschrift IV/1 (2004), 17

[1] Stephan Schmal, Sallust, Hildesheim 2001. [gut lesbare und lesenswerte Einführung zu Sallust und der einschlägigen Forschung]

[2] Karl Vretska, Studien zu Sallusts Bellum Jugurthinum, SAWW, Philos.-hist. Kl. 229.4, Wien 1955 (S. 85-134 und 146-158 auch in Pöschl [6.9, 224-295]). [gründliche Analyse des Jugurtha ; vielleicht – neben Syme [6.3] – die beste Sallust-Monographie überhaupt]

[3] Ronald Syme, Sallust, Darmstadt 1975 (engl. Orig. 1964). [immer noch der Klassiker der Sallust-Forschung]

[4] Konrad Heldmann, Sallust über die römische Weltherrschaft. Ein Geschichtsmodell im Catilina und seine Tradition in der hellenistischen Historiographie, Stuttgart 1993. [Analyse einer zentralen Stelle des Catilina -Proömiums mithilfe eines diskussionswürdigen neuen Ansatzes]

[5] Gabriele Ledworuski, Historiographische Widersprüche in der Monographie Sallusts zur Catilinarischen Verschwörung, Frankfurt a.M. u.a. 1994. [nützliche Gesamtdarstellung zu den historischen ‚Fehlern' im Catilina mit interessanten Beobachtungen]

[6] Karl Büchner, Sallust, Heidelberg 2 1982 ( 1 1960). [umfangreiche Monographie; bietet vor allem den Stoff in einer übersichtlichen Gliederung nach Proömien, Exkursen, Reden, Briefen]

[7] Kurt Latte, Sallust, Leipzig 1935 (Nachdr. Darmstadt 1973; auch in: Pöschl [6.9, 400-460]). [konzise und anregende, aber vom Ansatz her problematische Abhandlung]

[8] Donald C. Earl, The political thought of Sallust, Cambridge 1961. [schmale, aber wichtige Monographie zu mehreren zentralen Aspekten]

[9] Viktor Pöschl (Hg.), Sallust, Darmstadt 2 1981 ( 1 1970). [wichtige Aufsätze bequem in einem Band versammelt, v.a. Klingner [7.54], Drexler [7.52], Vretska [6.2], La Penna [7.36], Pöschl [7.63]]

[10] Hans Drexler, Die Catilinarische Verschwörung. Ein Quellenheft, Darmstadt 1976. [nicht nur als Materialsammlung von unschätzbarem Wert für die Catilina -Lektüre]

[11] Wilhelm Kroll, Die Sprache des Sallust, Glotta 15 (1927), 280-305. [neben Lebek [7.56] das wichtigste Werk zum Thema]

[12] Hans Armin Gärtner, Erzählformen bei Sallust, Historia 35 (1986), 449-473. [v.a. Analyse der ‚Reflexionen', also der Darstellung von Gedankengängen der Figuren]

[13] Bernd Latta, Sallusts Einstellung zu den Gracchen im Spiegel des sog. Parteienexkurses. Zur Interpretation des kontroversen Satzes Sed bono vinci satius est quam malo more iniuriam vincere (Iug. 42.3), Maia 42 (1990), 29-40. [zum vielleicht bedeutendsten Satz im Jugurtha ]

[14] Giuseppe Zecchini, Vendetta, giustizia e perdono in Sallustio (Iug. 31), in: Marta Sordi (Hg.), Amnistia, perdono e vendetta nel mondo antico, Mailand 1997, 91-98. [zur Memmius-Rede, Iug. 31]

[15] Jürgen Blänsdorf, Populare Opposition und historische Deutung in der Rede des Volkstribunen Licinius Macer in Sallusts Historien. Zur Ideologie Sallusts und seiner Interpreten, AU 21.3 (1978), 54-69. [aufschlussreiche Beobachtungen zu einer Rede aus den Historien mit einem nützlichen Kurzkommentar]

[16] Thorsten Burkard, Sallust als Klassiker, in: Markus Schauer / Gabriele Thome (Hgg.), Altera Ratio. Fs. Werner Suerbaum, Wiesbaden 2003, 12-24. [eher essayistisch; enthält u.a. Vorschläge zu Vergleichen Sallust – Caesar]

                                     Pegasus-Onlinezeitschrift IV/1 (2004), 18

(7) Auswahlbibliographie

Die folgende Auswahl wurde vor allem im Hinblick auf die Belange der Schule getroffen; außerdem sollte in erster Linie neuere Literatur angemessen berücksichtigt werden.

 

(a) Wissenschaftliche Ausgaben und Kommentare

[1] Rodolfo Funari, C. Sallustii Crispi Historiarum Fragmenta, 2 Bde. [Text und Kommentar], Amsterdam 1996.

[2] Erich Koestermann, C. Sallustius Crispus. Bellum Iugurthinum, Heidelberg 1971.

[3] Bertold Maurenbrecher, C. Sallustii Crispi Historiarum Reliquiae, Leipzig 1891/1893 (Nachdr. Stuttgart 1967).

[4] Patrick McGushin, C. Sallustius Crispus. Bellum Catilinae. A commentary, Leiden 1977.

[5] Patrick McGushin, Sallust. The histories, 2 Bde. [Übersetzung und Kommentar], Oxford 1992/1994.

[6] George M. Paul, A historical commentary on Sallust's Bellum Jugurthinum, Liverpool 1984.

[7] John T. Ramsey, Sallust's Bellum Catilinae, Atlanta 1984.

[8] Leighton Durham Reynolds, C. Sallusti Crispi Catilina, Iugurtha, Historiarum Fragmenta Selecta, Appendix Sallustiana, Oxford 1991.

[9] Karl Vretska, C. Sallustius Crispus. De Catilinae Coniuratione, Heidelberg 1976.

 

(b) Schulausgaben und -kommentare. Übersetzungen

Vgl. (auch zu didaktischer Sekundärliteratur zu Sallust): Andreas Müller / Markus Schauer, Clavis Didactica Latina, Bamberg 1994, Nr. 4334-4408 und Register S. 365. In diesem Teil des Literaturverzeichnisses werden zur schnellen Orientierung auch die Verlage angegeben.

[10] Jürgen Blänsdorf / Ekkehard Lederbogen, C. Sallustius Crispus. Coniuratio Catilinae [Text und Kommentar], 2 Bde., Stuttgart (Klett) 1990.

[11] Karl Büchner, Bellum Iugurthinum, lat. – dt., Stuttgart (Reclam) 1971.

                                     Pegasus-Onlinezeitschrift IV/1 (2004), 19

[12] Karl Büchner, De coniuratione Catilinae, lat. – dt., Stuttgart (Reclam) 1972.

[13] Werner Eisenhut, C. Sallustius Crispus. Werke lat. – dt., Darmstadt, (Wissenschaftliche Buchgesellschaft) 2 1994.

[14] Hans-Joachim Glücklich, Sallust. Catilinae coniuratio, 2 Bde. [Text und Kommentar], Göttingen (Vandenhoeck & Ruprecht) 2001.

[15] Alfred Haider / Erhard Zach, Sallust, 2 Bde., Wien (Braumüller) 3 2000.

[16] Klaus Karl, C. Sallustius Crispus. De Catilinae coniuratione, 2 Bde. [Text und Kommentar], Bamberg (Buchner) 5 2001/2002 ( 1 1987).

[17] Werner Kempkes, Sallust. Coniuratio Catilinae, Göttingen (Vandenhoeck & Ruprecht) 2003.

[18] Albert Klinz, Sallust als Schulautor, Bamberg (Buchner) 1985 (Auxilia 11).

[19] Albert Klinz, C. Sallustius Crispus. Bellum Iugurthinum und Auswahl aus den Historien, 3 Bde., Münster (Aschendorff) 1986-1992.

[20] Albert Klinz, Sallust. Catilina und Briefe an Caesar. Kommentar, Münster (Aschendorff) 1995.

[21] Otto Leggewie, Historiae, lat. – dt., Stuttgart (Reclam) 1975.

[22] Josef Lindauer, Die Verschwörung des Catilina, lat. – dt., mit einem Essay zum Verständnis des Werkes, Reinbek (Rowohlt) 1964.

[23] Josef Lindauer, C. Sallustius Crispus. Bellum Iugurthinum, lat. – dt. [Kommentar], Düsseldorf (Artemis & Winkler) 2003.

[24] Gerald Spach, C. Sallustius Crispus. Bellum Iugurthinum [Auswahl und Kommentar], Bamberg (Bayerische Verlags-Anstalt) 4 1981.

[25] Wolfgang Wehlen, Sallust. De coniuratione Catilinae [Text und Kommentar], Bamberg (Buchner) 2001.

[26] Wilfried Winkler, Sallust [Catil. und Iug. in Auswahl; epist. Mithr.], 2 Bde. [Text und Kommentar], Wien (Hölder-Pichler-Tempsky) 2 1990 ( 1 1987).

 

(c) Einführungen und Lexikonartikel

[27] Carl Becker, Sallust, in: Aufstieg und Niedergang der römischen Welt 1.3, Berlin u.a. 1973, 720-754. [ein zur Einführung geeigneter Forschungsbericht mit einem eigenen Abschnitt über die Forschung zu dem Redenpaar Caesar – Cato im Catilina ]

[28] Bardo Maria Gauly, Gaius Sallustius Crispus (86-34 v. Chr.). De bello Iugurthino, in: Volker Reinhardt (Hg.), Hauptwerke der Geschichtsschreibung, Stuttgart 1997, 553-556.

[29] Klaus Karl, C. Sallustius Crispus, in: Alfons Städele u.a., Die großen römischen Historiker. Livius – Sallust – Tacitus, Bamberg 1996, 50-105. [nur zum Catilina ]

[30] Christina Shuttleworth Kraus / Anthony J. Woodman, Sallust, in: C.S.K. / A.J.W., Latin historians, Oxford 1997, 10-50.

[31] Christoff Neumeister, Neue Tendenzen und Ergebnisse der Sallustforschung (1961-1981), Gymnasium 93 (1986), 51-68.

[32] Peter Lebrecht Schmidt, Sallustius II 3, in: Der Neue Pauly 10, 2001, 1254-1258.

                                     Pegasus-Onlinezeitschrift IV/1 (2004), 20

(d) Zu einzelnen Werken

[33] Karl Büchner, Der Aufbau von Sallusts Bellum Jugurthinum, Wiesbaden 2 1956 ( 1 1953).

[34] Hans-Joachim Glücklich, Sallusts Catilinae coniuratio im Unterricht, Göttingen 2001.

[35] Christina Shuttleworth Kraus, Jugurthine disorder, in: C.S.K. (Hg.), The limits of historiography, Leiden 1999, 217-247.

[36] Antonio La Penna, Il significato dei proemi sallustiani, Maia 11 (1959), 23-43. 89-119 (deutsch teilw. in Pöschl [6.9, 296-324]).

[37] Anton Daniel Leeman, Aufbau und Absicht von Sallusts Bellum Iugurthinum, Amsterdam 1957.

[38] Eckard Lefèvre, Argumentation und Struktur der moralischen Geschichtsschreibung der Römer am Beispiel von Sallusts Bellum Iugurthinum, Gymnasium 86 (1979), 249-277.

[39] Friedrich Maier, Lateinunterricht zwischen Tradition und Fortschritt, Bd. 3, Zur Praxis des lateinischen Lektüreunterrichts, Bamberg 2 1988 ( 1 1985), zu Sallust v.a. 13-36 [Catil. 6-13]; 100-105 [Iug. 14]; 148-152 [Catil. 20].

[40] Christoff Neumeister, Die Geschichtsauffassung Sallusts im Catilina und ihre Behandlung in der Sekundarstufe II, Frankfurt a.M. 1983.

[41] Eduard Schwartz, Die Berichte über die catilinarische Verschwörung, Hermes 32 (1897), 554-608 (auch in: E.S., Gesammelte Schriften 2, Berlin 1956, 275-336).

[42] Thomas Späth, Salluste, Bellum Catilinae . Un texte tragique de l'historiographie?, in: Marie-Hélène Garelli-François (Hg.), Rome et le tragique. Act. coll. internat. 1998, Toulouse 1998, 173-195.

[43] Wolf Steidle, Sallusts historische Monographien. Themenwahl und Geschichtsbild, Wiesbaden 1958.

[44] Dieter Timpe, Herrschaftsidee und Klientelstaatenpolitik in Sallusts Bellum Jugurthinum, Hermes 90 (1962), 334-375.

[45] Thomas Wiedemann, Sallust's Jugurtha . Concord, discord, and the digressions, Greece and Rome 40 (1993), 48-57.

[46] Klaus Widdra, Motivierende Lektüre von Sallusts Bellum Iugurthinum, AU 22.5 (1979), 60-72.

[47] Ann Thomas Wilkins, Villain or hero. Sallust's portrayal of Catiline, New York 1994.

                                     Pegasus-Onlinezeitschrift IV/1 (2004), 21

(e) Zu zentralen Einzelfragen

[48] Fr ans Ahlheid, Oratorical strategy in Sallust's letter of Mithridates reconsidered, Mnemosyne 41 (1988), 67-92.

[49] Graziana Brescia, La scalata del Ligure. Saggio di commento a Sallustio, Bellum Iugurthinum 92-94, Bari 1997.

[50] Thomas R.S. Broughton, Was Sallust fair to Cicero?, Transactions of the American Philological Association 67 (1936), 34-46.

[51] Karl Christ, Sallust und Caesar, in: Rosmarie Günther / Stefan Rebenich (Hgg.), E fontibus haurire . Beiträge zur römischen Geschichte und zu ihren Hilfswissenschaften, Paderborn u.a. 1994, 21-32.

[52] Hans Drexler, Sallust, Neue Jahrbücher für Wissenschaft und Jugendbildung 4 (1928), 390-399 (auch in: Pöschl [6.9, 31-44]).

[53] Dieter Flach, Die Vorrede zu Sallusts Historien in neuer Rekonstruktion, Philologus 117 (1973), 76-86.

[54] Friedrich Klingner, Über die Einleitung der Historien Sallusts, in: Pöschl [6.9, 1-30] (zuerst Hermes 63, 1928, 165-192).

[55] Bernd Latta, Die Rede des Volkstribunen C. Licinius Macer in den Historien des Sallust (III 48), Maia 51 (1999), 205-241.

[56] Wolfgang Dieter Lebek, Verba prisca. Die Anfänge des Archaisierens in der lateinischen Beredsamkeit und Geschichtsschreibung, Göttingen 1970.

[57] Godo Lieberg, Inhalt, Aufbau und Stil von Sallusts Synkrisis (Cat. 54), in: Giuseppe Catanzaro (Hg.), In memoria di Salvatore Vivona, Assisi 1997, 103-126.

[58] Jürgen Malitz, Cottas Rede in Sallusts Historien, Hermes 100 (1972), 359-386.

[59] Jürgen Malitz, Ambitio mala. Studien zur politischen Biographie des Sallust, Bonn 1975.

[60] Unto Paananen, Sallust's politico-social terminology. Its use and biographical significance, Helsinki 1972.

[61] George M. Paul, Sallust's Sempronia. The portrait of a lady, Papers of the Liverpool Latin Seminar 5 (1985), 9-22.

[62] Viktor Pöschl, Grundwerte römischer Staatsgesinnung in den Geschichtswerken des Sallust, Berlin 1940.

[63] Viktor Pöschl, Die Reden Caesars und Catos in Sallusts Catilina, in: Pöschl [6.9, 368-397].

[64] Erich Potz, Sterben für das Vaterland – wozu? Funktion und Bedeutung des Philaenenexkurses bei Sallust, Grazer Beiträge 15 (1988), 85-98.

[65] Will Richter, Der Manierismus des Sallust und die Sprache der römischen Historiographie, Aufstieg und Niedergang der römischen Welt 1.3, Berlin u.a. 1973, 755-780.

[66] Thomas Francis Scanlon, Spes frustrata . A reading of Sallust, Heidelberg 1987.

[67] A. Martin Stone, Was Sallust a liar? A problem in modern history, in: T.W. Hillard u.a. (Hgg.), Ancient history in a modern university 1. The ancient Near East, Greece, and Rome. Fs. Edwin Arthur Judge 1993, Grand Rapids u.a. 1998, 230-243.

                                     Pegasus-Onlinezeitschrift IV/1 (2004), 22

[68] Werner Suerbaum, Sallust über die Schwierigkeiten, Geschichte zu schreiben (Cat. 3,2), in: Friedrich Hörmann (Hg.), Gegenwart der Antike, München 1974, 83-103 (auch in: W.S., In Klios und Kalliopes Diensten. Kleine Schriften, hgg. von Christoph Leidl / Siegmar Döpp, Bamberg 1993, 48-68).

[69] Karl Vretska, Bemerkungen zum Bau der Charakteristik bei Sallust, Symbolae Osloenses 31 (1955), 105-118.

 

(f) Rezeption und politische Bewertung aus heutiger Sicht

[70] Maurizio Blondet, Elogio di Catilina e Berlusconi, Rimini 1995

[71] Ezio Bolaffi, Sallustio e la sua fortuna nei secoli, Rom 1949.

[72] Jacques Chomarat, La conjuration de Catilina vue par Salluste et Brecht, in: Poignault [7.77, 191-201].

[73] Jo-Marie Claassen, Sallust's Jugurtha – rebel or freedom fighter? On crossing crocodile-infested waters, Classical World 86 (1993), 273-297.

[74] Albert Drach, O Catilina. Ein Lust- und Schaudertraum, München 1995.

[75] Marcel Meulder, Catilina vu par Salluste. Un terroriste à la mode antique?, Les études classiques 59 (1991), 323-334.

[76] Patricia J. Osmond, Sallust and Machiavelli, Journal of Medieval and Renaissance Studies 23 (1993), 407-438.

[77] Rémy Poignault (Hg.), Présence de Salluste. Actes du colloque Tours 1996, Tours 1997.

[78] Ulrich Schindel, Die Rezeption Sallusts in Deutschland in Humanismus und Aufklärung, in: Richard Toellner (Hg.), Aufklärung und Humanismus, Heidelberg 1980, 89-106.

[79] Hermann B.G. Speck, Katilina im Drama der Weltliteratur, Leipzig 1906.

[80] Jean-Luc Vernal (Text), Jugurtha [Comic-Reihe], 16 Bde., 1967-1970 und 1976-1995 [Text für Bd. 16 von Michel Suro; Zeichner Bd. 1-2: Hermann (Huppen); Bd. 3-16: Franz (Drappier); 12 Bde. deutsch bei Carlsen, Hamburg 1988-1992].

[81] Michael von Albrecht, Catilina nach 1848 und nach 1917. Sallust – Henrik Ibsen – Catull – Alexandr Blok, in: M.v.A., Rom. Spiegel Europas, Tübingen 2 1998 ( 1 1988), 38-57.

 

PD Dr. Thorsten Burkard
Ludwig-Maximilians-Universität München
Institut für Klassische Philologie
Geschwister-Scholl-Platz 1
80539 München
thorsten.burkard@gmx.de

                                     Pegasus-Onlinezeitschrift IV/1 (2004), 23

 

(1) Für einen Überblick über die Forschung bis 1981 vgl. die Forschungsberichte von Becker [7.27] und Neumeister [7.31] sowie neuerdings den Abriss bei Schmal [6.1, 168-181]. Die jüngere Forschung zu den beiden Monographien seit 1981 ist weder durch eine Bibliographie noch durch Forschungsberichte erfasst. Zu den Historien vgl. Lucia Di Salvo, Le Historiae di Sallustio. Rassegna di studi dal 1983 al 1996, Bollettino di Studi Latini 27 (1997), 155-189.

(2) Vgl. zu Platon Bruce D. MacQueen, Plato's Republic in the monographs of Sallust, Chicago 1981; zu Thukydides Thomas Francis Scanlon, The influence of Thucydides on Sallust, Heidelberg 1980; zu Cato Lebek [7.56].

(3) Theodor Mommsen, Römische Geschichte, Berlin 6 1875 [zuerst 1856; Nachdr. München 1976], Bd. 3, 195.

(4) Diese Ansicht zeigt sich schon in Mommsens berühmtem Urteil über Sallust a. O.: „Daß der gewandte Schriftsteller den apologetischen und akkusatorischen Charakter dieser seiner Bücher zurücktreten läßt, beweist nicht, dass sie keine, sondern daß sie gute Parteischriften sind.“

(5) Bei Franz Egermann wird Sallust nachgerade zum römischen Staatsphilosophen: „Hier finden wir die Philosophie des Römervolks in ein System gebracht“ (F.E., Die Proömien zu den Werken des Sallust, SAWW, Philos.-hist. Kl. 214.3, Wien / Leipzig 1932, hier 13).

(6) So unterzog als erster Egermann 1932 (s. die vorige Anm.) die zuvor in erster Linie quellenkritisch behandelten Proömien einer gründlichen inhaltlichen Untersuchung.

(7) Luigi Silvio Fighiera, La lingua e la grammatica di C. Crispo Sallustio, Savona 3 1905 ( 1 1896).

(8) Eduard Wölfflin, Bemerkungen über das vulgärlatein [sic], Philologus 34 (1875), 137-165, hier 147.

(9) Vgl. Quint. inst. 8,3,44; Suet. gramm. 15.

(10) Richard Reitzenstein, Hellenistische Wundererzählungen, Leipzig 1906, zu Sallust 84-89.

(11) Karl Bauhofer, Die Komposition der Historien Sallusts, München 1935.

(12) Vgl. etwa Büchner [6.6, 243 und 414 Anm. 161a]; außerdem Leeman [7.37, 18 Fußn. 2 und 33].

(13) Sallust wird als ein subversiver und verstörender („disconcerting“) Autor betrachtet (Scanlon [7.66, 80 Anm. 28]; vgl. auch García López [s. die folgende Anm.], 1997, 8).

(14) Vgl. Sall. Catil. 38,3; 52,11. Programmatisch ist der Titel der Dissertation von Jorge García López (Cornell 1997): The true names of things. Die Suche nach Homologien zwischen Inhalt und Form ist überhaupt kennzeichnend für diesen Ansatz. So deutet García López a. O. 126-129 die Opposition ‚männlich – weiblich‘ in die formale Gestaltung der Sempronia-Charakteristik (Catil. 25), die dysfunktional und gerade nicht ein Produkt männlicher Nüchternheit und Organisation, sondern, wie Sempronia, ein Beispiel für „the unruly female“ sei. Der Text werde durch diesen Einbruch der luxuria verwundet. Sempronias Ausschluss von der eigentlichen Handlung spiegele das römische Vorurteil gegenüber Frauen in der Politik wider. Das Portrait drücke die Angst vor „unruly women“ aus. Daher werde es in einer klar abgetrennten Erzähleinheit versteckt und so vom Rest der Erzählung getrennt.

                                     Pegasus-Onlinezeitschrift IV/1 (2004), 24

(15) William W. Batstone, The antithesis of virtue. Sallust's Synkrisis and the crisis of the late republic, Classical Antiquity 7 (1988), 1-29; Robert John Sklenár, La république des signes. Caesar, Cato, and the language of Sallustian morality, Transactions of the American Philological Association 128 (1998), 205-220.

(16) David S.Levene, Sallust's Jugurtha . An historical fragment, Journal of Roman Studies 82 (1992), 53-70.

(17) So behaupten Kraus / Woodman [7.30, 46 Anm. 91], dass sich die für den Protagonisten Jugurtha typische Unordnung auch in der Erzählstruktur des Jugurtha zeige.

(18) David James Christiansen, Character and morality in the Sallustian monographs, Diss. Wisconsin-Madison 1990; Carin M.C. Green, Barbarian and king. The character and historiographical genesis of Jugurtha in Sallust's Bellum Jugurthinum, Diss. Univ. of Virginia 1991.

(19) Renato Oniga, Il confine conteso. Lettura antropologica di un capitolo sallustiano (Bellum Iugurthinum 79), Bari 1990.

(20) Kathryn Frances Williams, A narratological study of Sallust's Bellum Catilinae, Diss. Virginia 1997.

(21) Etienne Tiffou, Essai sur la pensée morale de Salluste à la lumière de ses prologues, Paris 1974.

(22) Vgl. dazu die Rezension von Reinhard Schulte, Mittelweg 36 5 (1996), 60-63.

(23) Vgl. dazu: von Albrecht [7.81, 38-47 mit einem Textvergleich und weiterer Literatur] und S.G. McLellan, On Catilina. A structural examination of Ibsen's play and its sources, Scandinavian Studies 55 (1983), 39-54.

(24) Es sei erlaubt, hier an Nietzsches schon topisch gewordenes Diktum, dass sein Stilgefühl erst durch Sallust geweckt worden sei, zu erinnern (F.N., „Was ich den Alten verdanke“, in: Werke, Bd. 2, Darmstadt 1973, 1027).

(25) Vgl. zu diesen Zahlen Schmal [6.1, 167] mit Literatur.

(26) In gewissem Sinn sind aber beide gleichermaßen moralisch blind: Catilina verschließt die Augen vor den Belangen seines Heimatlandes, Hitler vor den Interessen und Ansprüchen anderer Völker (vgl. dazu unten im Haupttext).

(27) Das ist heutzutage in der Forschung unumstritten. Sallust macht mit einer Reminiszenz sogar auf den fiktiven Charakter der Rede aufmerksam: Er lässt den im Jahre 64 v. Chr. sprechenden Catilina mit der empörten Frage quo usque tandem patiemini? (Catil. 20,9) auf Ciceros erste catilinarische Rede anspielen – diese wurde aber erst ein Jahr später (63 v. Chr.) gehalten, so dass der fiktive Catilina sie noch gar nicht kennen konnte!

(28) Hier ist jedoch auf einen wichtigen Unterschied zwischen den beiden Reden aufmerksam zu machen: Catilina trifft sich in der Analyse der Missstände, die in der römischen Gesellschaft herrschen, zumindest teilweise mit Sallust, also mit dem allwissenden Erzähler (vgl. dazu Pöschl [7.62, 3f.], McGushin [7.4, 137 und 145], Büchner [6.6, 165], Meulder [7.75, 333], Wilkins [7.47, 136]), während die ‚Gefahren', die Hitler heraufbeschwört, paranoide Wahnideen sind. Aber in beiden Fällen dient die (tatsächliche oder angebliche) Aggressivität und Ungerechtigkeit der Gegner zur Legitimierung des eigenen gewaltsamen Handelns.

                                     Pegasus-Onlinezeitschrift IV/1 (2004), 25

(29) Auch Hitlers Ansprache ist übrigens eine Antrittsrede: Anlass ist die Ablösung des Oberbefehlshabers des Heeres Walther von Brauchitsch durch Hitler im Dezember 1941. Schon die Tatsache, dass der politische Führer militärische Kompetenzen an sich reißt, ist Ausweis eines egozentrischen Machtwillens – der sich aber aus der Rede allein nur schwer herauslesen lässt (s. aber unten im Haupttext).

(30) Vgl. dazu Richard Patrick Geckle, The rhetoric of morality in Sallust's speeches and letters, Diss. Columbia 1995, hier 127f.

(31) Es ist bezeichnend, dass Karls Beitrag in dem Band Die großen römischen Historiker zwar mit „C. Sallustius Crispus“ überschrieben ist, aber ausschließlich den Catilina behandelt [7.29].

(32) Hingewiesen sei nur auf die reizvolle Möglichkeit, diesen Satz bei der Deutung der eingelegten Philaeni-Geschichte in Iug. 79 zu verwenden; vgl. zu diesem Kapitel Potz [7.64].

(33) Widdra [7.46] veranschlagt für die Beschäftigung mit Iug. 5,1-11,1 in der 11. Klasse eine Lektüreeinheit von etwa 15 Stunden.

(34) Vgl. dazu Sigrid Albert, Bellum iustum, Kallmünz 1980; Franz Römer, Bellum iustum und Expansionspolitik in der Sicht der römischen Historiker, Wien 1993 [15 S.].

(35) Daher wurden z.B. nicht-gedruckte amerikanische Dissertationen hier nicht berücksichtigt.