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Ruth Mikasch

Herodots Novelle vom Meisterdieb (2,121): mehr als eine Gaunertragikomödie

 

Die Novelle vom Meisterdieb (Hdt. 2,121) im ägyptischen Logos Herodots hat in der fachwissenschaftlichen Literatur aufgrund der schwer zu klärenden Grundfragen nach ihrer Herkunft und Einheit einige Beachtung gefunden und sogar zu religionswissenschaftlichen Deutungsversuchen angeregt. In der didaktischen Literatur ist sie kaum erwähnt, obwohl sich an ihr wesentliche Ziele der schulischen Herodotlektüre wie das Menschenbild Herodots, ethnologische Stoffe und Kennzeichen der herodoteischen Geschichtsschreibung verfolgen lassen. Die Novelle mit ihrer dreistufigen Handlung, die durch den sich steigernden Antagonismus zwischen dem nominell mächtigeren König Rhampsinit und dem geistig überlegenen Meisterdieb strukturiert ist, bildet nicht nur eine reizvolle Lektüre, sondern erlaubt es auch in einer für Herodot einmaligen Weise, Parallelen (Charax Pergamenus, Pausanias) und Rezeptionsdokumente (u. a. Johannes de Alta Silva, Hans Sachs, Brüder Grimm, Heinrich Heine) in den Unterricht einzubeziehen. Somit kann einerseits Herodots Wirkungsgeschichte veranschaulicht und andererseits anhand der schwer zu klärenden Frage nach dem Ursprung der Novelle Wissenschaftspropädeutik betrieben werden.

 

Hinweis: Um die in diesem Text verwendeten griechischen Typen auf Ihrem Bildschirm lesen zu können, laden Sie sich bitte die Schrift Win Greek unter folgender URL: wingreek

 

1. Einleitung

2. Fachwissenschaftliche Analyse

2.1 Forschungslage

2.2 Aufbau und erzählerische Gestaltung der Novelle

2.3 Weitere Quellen

2.4 Grundfragen der Interpretation: Herkunft, Abhängigkeit und Einheit der Novelle sowie Herodots Anteil an ihrer Ausgestaltung

2.5 Spezielle Forschungsansätze

3. Didaktische Analyse

3.1 Stellenwert der Novelle innerhalb der Herodotlektüre

3.2 Analyse des sprachlichen Anforderungsniveaus und Konsequenzen für die Unterrichtslektüre

3.3 Analyse des Inhalts und Konsequenzen für die didaktisch-methodische Umsetzung

3.4 Fazit der didaktischen Analyse

4. Planung für eine Unterrichtsreihe zur Novelle vom Meisterdieb

4.1 Begründung für die Aufteilung der Reihe

4.2 Tabellarische Übersicht

5. Übersicht über die Parallelüberlieferung und die Rezeptionsdokumente

6. Literatur

6.1 Fachwissenschaft

6.2 Fachdidaktik

6.3 Parallelüberlieferung und Rezeptionsdokumente

7. Anhang

7.1 Griechischer Schülertext und Kommentar

7.2 Übersetzung

7.3 Charax Pergamenus, Frg. 6

7.4 Pausanias, 9,37,5-7

7.5 Johannes de Alta Silva: Dolopathos sive de rege et septem sapientibus: historia secundi sapientis: Gaza

7.6 Hans Sachs: Der Schatzturm

7.7 Brüder Grimm: Der Meisterdieb

7.8 Heinrich Heine: Rhampsenit


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1. Einleitung

Der vorliegende Aufsatz resultiert aus einem fachdidaktischen Hauptseminar zum Wandel Herodots vom Vater der Geschichtsschreibung zum kanonischen Schulautor bei Herrn Dr. Kipf im Wintersemester 2001/02 an der Freien Universität Berlin. Zum Thema wählte ich die Novelle vom Meisterdieb (Hdt. 2,121), von der Herodot innerhalb des ägyptischen Logos bei der Schilderung des Königs Rhampsinit berichtet. Um einer umfassenden fachwissenschaftlichen und didaktischen Analyse gerecht zu werden, gliedert sich diese Arbeit in drei Hauptteile. Zunächst werden in der fachwissenschaftlichen Analyse (2.) der Aufbau der Novelle, weitere Quellen der Meisterdieb-Erzählung sowie grundlegende und spezielle Fragen der Interpretation behandelt. Es folgt die didaktische Analyse (3.) unter Berücksichtigung des Stellenwertes dieser Novelle innerhalb der Herodotlektüre, des sprachlichen Anforderungsniveaus und der inhaltlichen Schwerpunkte. Diese beiden Teile bilden die Voraussetzung für die Erstellung einer Reihenplanung (4.), mit der einige Anregungen zur praktischen Umsetzung für die Lektüre im Schulunterricht gegeben werden sollen. Abgeschlossen wird meine Arbeit durch eine Übersicht über die Parallelstellen und die Rezeptionsdokumente der Novelle vom Meisterdieb, die ebenso im Anhang wie ein griechischer Schülertext mit Kommentar und Übersetzung zur Verfügung gestellt werden.

 

2.Fachwissenschaftliche Analyse

 

2.1 Forschungslage

  1. Die Geschichte vom Meisterdieb (Hdt. 2,121), eine Novelle aus dem ägyptischen Logos, lässt sich in der fachwissenschaftlichen Diskussion in die übergeordneten Zusammenhänge der Stellung und Bedeutung der Novellen bei Herodot (cf. Erbse) sowie der Auseinandersetzung mit dem ägyptischen Logos (cf. Lloyd) und der Frage nach der Glaubwürdigkeit Herodots (cf. Fehling) einordnen.

  2. Sekundärliteratur, die sich speziell mit dieser Textstelle befasst, ist rar gesät; neben den o. g. Arbeiten sind nur noch die von Aly, Baudy, Horn, Müller und Neitzel zu nennen. Grundlegende Fragestellungen der Interpretation sind die Herkunft der Novelle und, damit verbunden, die Abhängigkeit von anderen Überlieferungen dieser Geschichte bzw. eines Teils von ihr. Zwei weitere Punkte, die allgemein diskutiert werden, sind die Fragen nach der Einheit oder Zusammensetzung dieser Geschichte und nach Herodots Anteil an der Ausgestaltung der Novelle. Darüber hinaus haben die einzelnen Interpreten meist spezielle Fragen an den Text gestellt, die in der weiteren Forschung nicht wieder aufgenommen wurden, oder Sonderwege in der Interpretation eingeschlagen. Aufbau und erzählerische Gestaltung werden relativ oberflächlich behandelt.


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2.2 Aufbau und erzählerische Gestaltung der Novelle

 

Die Novelle vom Meisterdieb besteht aus einem dreistufigen1 Handlungsverlauf, der als Klimax gestaltet ist und von einem Einleitungs- und Schlussteil umfasst wird. In der Einleitung der Novelle wird Rhampsinit2 eingeführt (Hdt. 2,121, Anfang)3 und die List des Baumeisters, die Vererbung des Geheimnisses an seine Söhne sowie der erste Diebstahl der Söhne geschildert (Hdt. 2,121a). Die einzelnen Schritte des weiteren Handlungsablaufes sind durch die Reaktion des Königs, seine Maßnahme gegen die Diebe bzw. den Dieb und die Gegenmaßnahme des Diebes gegliedert. Auf der ersten Stufe der Handlung (Hdt. 2,121b) ist der König erstaunt (qwm£sai: b1, Z. 14) über den spurlosen Diebstahl und reagiert mit der Aufstellung von Fallen. Beim nächsten Diebstahlsversuch verfängt sich einer der beiden Diebe darin, und um sich vor der Entdeckung zu schützen, schneidet sein Bruder ihm auf dessen Weisung den Kopf ab und entkommt. Diese Maßnahme ergibt sich also zwangsläufig aus der Notlage. In der zweiten Handlungsphase (Hdt. 2,121g-d) erschrickt (kpeplÁcqai: g1, Z. 4) der König beim Anblick des kopflosen Leichnams und lässt ihn öffentlich aufhängen, um durch das Ergreifen eines Trauernden den Täter zu überführen. Der überlebende Dieb wird von seiner Mutter mit der Drohung, ihn beim Großkönig anzuzeigen, gezwungen, ihr den Leichnam des Bruders zu bringen. Auf diesen äußeren Druck fasst der Dieb den Plan, die Wächter des Leichnams betrunken zu machen, so dass sie einschlafen und er den Leichnam des Bruders davontragen kann. Neben dieser sozusagen notwendigen Tat schert der Dieb den Wächtern zu ihrer Schande die rechte Wange, um somit seine Überlegenheit auszukosten. Im letzten Handlungsschritt (Hdt. 2,121e) tobt der König vor Wut (dein¦ poiein: e1, Z. 19) und greift zu der Maßnahme, seine Tochter ins Bordell zu schicken. Diese soll jeden, der zu ihr kommt, nach seiner frevelhaftesten und listigsten Tat fragen, um auf diese Weise den Dieb zu fassen. Der Dieb erfährt vom Zweck dieser Handlung und liefert sich mit einer neuen List aus freien Stücken dieser Situation aus. Er besucht die Tochter des Königs, erzählt ihr von seinen Taten und hinterlässt ihr, als sie nach ihm zu greifen versucht, den vom Leichnam seines Bruders abgeschnittenen Arm. Damit ist ein Endpunkt des Antagonismus erreicht, da im Schlussteil (Hdt. 2,121z) eine Versöhnung der Gegensätze herbeigeführt wird. Der über die Klugheit und Kühnheit des Diebes erschreckte König lässt diesen mit der Zusicherung von Straffreiheit und einer großen Belohnung suchen, woraufhin er sich dem König stellt. Jener bewundert die Fähigkeiten des Diebes und bindet ihn für seine Interessen ein, indem er ihn mit seiner Tochter verheiratet.

 

Konstitutiv für den Handlungsverlauf sind seine Dreistufigkeit, der Antagonismus von König und Dieb sowie die Klimax der Maßnahmen4. Das Staunen des Königs steigert sich über Erschrecken bis zu rasender Wut, seine Maßnahmen vom Auslegen einfacher Fallen über die Aufstellung der Wächter und das Ausnutzen der Trauer bis hin zum Einsatz der eigenen Tochter. Im Gegenzug verändert sich das Motiv des Täters von innerer Notwendigkeit beim Abschneiden des Kopfes des Bruders über den notwendigen Diebstahl des Leichnams in Verbindung mit dem mutwilligen Scheren der Wächter bis zu reiner Dreistigkeit beim Besuch der Tochter des Königs. Der Antagonismus zwischen König und Dieb5 lässt sich, ebenso wie die Novelle von Solon und Kroisos6, in eine für Herodot charakteristische Typologie einordnen, die als "Der Gegensatz von nomineller Übermacht und geistiger Überlegenheit" oder "Der reiche Mann und seine Grenzen" bezeichnet werden könnte.7


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2.3 Weitere Quellen

Der erste Teil der Geschichte vom Meisterdieb, der Diebstahl aus dem Schatzhaus, das Aufstellen der Fallen und die Enthauptung eines der beiden Diebe durch seinen Gefährten ist in der antiken Literatur noch in weiteren Quellen erhalten8: In der Telegonie (laut Eusebius in der Zeit zwischen 568-565 v. Chr. entstanden), die nach gängiger Meinung Eugam(m)on von Kyrene zugeschrieben wird9, wird in Form einer Ekphrasis der Mythos von Trophonios und Agamedes erzählt. Zur Fassung des Mythos lässt sich nur sagen, dass der Schauplatz das Schatzhaus des Augias in Elis ist und Trophonios und Agamedes seine Baumeister sind. Die Existenz dieser Erzählung in der Telegonie ist durch ihre Aufnahme in den von Proklos (5. Jh. n. Chr.) in der Chrestomathie aufgestellten Themenkatalog dieses Epos belegt. Auch ein Fragment des Universalhistorikers Charax (147 n. Chr. cos.)10 in den Aristophanesscholien zu Nubes V. 508 berichtet von einem Trophonios-Agamedes-Mythos. Agamedes und seine ehelicher Sohn Trophonios erbauen für Augias ein Schatzhaus in Elis, aus dem sie zusammen mit dem unehelichen Sohn von Agamedes´ Frau Epikaste, Kerkyon, heimlich Schätze entwenden. Augias lässt Schlingen aufstellen, in denen sich Agamedes verfängt, so dass Trophonios ihm den Kopf abschneidet, damit dieser nicht erkannt wird, und mit Kerkyon flieht. Eine weitere Fassung dieses Trophonius-Agamedes-Mythos ist in der peri»ghsij Elladoj (drittes Viertel des 2. Jh. n. Chr.)11 des Pausanias, 9,37,5-7 erhalten. Hier sind die Protagonisten, ebenso wie bei Herodot, Brüder, die dem Hyrieus ein Schatzhaus erbauen, in dem sich Agamedes in den Fallen verfängt und Trophonius ihm den Kopf abschneidet. Ort des Geschehens ist bei Pausanias Böotien.

 

2.4 Grundfragen der Interpretation: Herkunft, Abhängigkeit und Einheit der Novelle sowie Herodots Anteil an ihrer Ausgestaltung

 

Die Beziehung der bei Herodot aufgezeichneten Novelle zu anderen Quellen dieser Erzählung wird, verbunden mit den Fragen nach der Herkunft, ihrer Einheitlichkeit oder Zusammensetzung sowie Herodots Anteil an der Ausgestaltung, kontrovers diskutiert. Während Aly (1921) den ägyptischen Ursprung der Novelle ohne Zweifel an Herodots Angaben betont und der Ansicht ist, dass Herodot die Erzählung lediglich referiere (S. 67)12, vertritt Fehling (1971) die Auffassung, dass Herodot die Geschichte vom Meisterdieb aus drei einzelnen Motiven zusammengefügt habe, deren erstes, die Schatzhausgeschichte, griechischen Ursprungs, das zweite, der Leichendiebstahl, dagegen unbekannter Herkunft sei und das dritte, die Prostitution der Königstochter, von Herodot selbst erfunden worden sei (S. 150f). Er spricht damit Herodots Zweifel an der letztgenannten Geschichte (2,121e1, Z. 20f)13 seine Authentizität ab (S. 92), wobei er postuliert, dass Herodot dieses Motiv von der Parallelstelle 2,126, einem Ausschnitt aus der Schilderung von Cheops‘ Herrschaft, auf die Novelle vom Meisterdieb übertragen habe (S. 142f., 151). Insgesamt bewertet er Herodots Anteil an der Ausgestaltung der Geschichte, ebenso wie Horn (1995; S. 138), als sehr hoch. Auch Erbse (1981; S. 263-267)14 vertritt die griechische Herkunft der Novelle mit der Begründung, dass zentrale Motive wie das Abschneiden der Bärte oder die Prostitution der Prinzessin nicht ägyptisch seien und dass die Parallelen bei Charax und Pausanias auf griechischen Ursprung schließen ließen. Da Erbse aber Herodots Bemerkung über die Unglaubwürdigkeit der Geschichte von der Prostitution der Königstochter nicht für fingiert hält, kommt er zu der Vermutung, dass die zugrunde liegenden griechischen Mythen von griechischen Kolonisten auf die ägyptischen Verhältnisse übertragen und dann von Herodot übernommen und ausgeschmückt worden seien. Das wichtigste Argument Erbses für den griechischen Ursprung der Novelle vom Meisterdieb ist ihr agonaler Charakter. Müller (1992; S. 42-46), dem Baudy (1996; S. 2-4) folgt, widerspricht Fehling in der Hinsicht, dass "die strukturierte Einheit" in der Handlung der Novelle, die "offenkundige Klimax" und die Erfüllung der "potentiellen Inbesitznahme der königlichen Schatzkammer … in der Vermählung des Sohnes mit der Tochter" es verbiete, die drei Teile des Weisheitsagons quellenanalytisch zu trennen (S. 46). Dabei verweist er darauf, dass die Dreiteiligkeit ein zentrales Merkmal volkstümlichen Erzählens sei (S. 50)15. Müller, der Herodots Kommentar zur Glaubwürdigkeit der Geschichte von der Prostitution der Königstochter ernst nimmt, ist im Gegensatz zu Erbse und Fehling der Ansicht, dass der der Schatzhausgeschichte zugrunde liegende Konflikt zwischen der Macht des Königs und der Klugheit des Untertanen weniger auf eine griechische als auf eine ägyptisch-nahöstliche Herkunft hinweise, wofür er einen Stammbaum der Novelle vom Meisterdieb aufstellt (S. 50-62).


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Ein abschließendes Urteil über Herkunft und Einheit der Novelle lässt sich angesichts der Quellenlage, die uns insbesondere über mögliche ägyptische Vorläufer im Dunkeln lässt, nicht treffen, und auch die Indizienargumente erlauben keine sichere Zuordnung. Weder deutet der agonale Charakter der Handlung mit Sicherheit auf eine griechische Herkunft16 noch der Grundkonflikt von König und Untertan auf eine ägyptische. Außerdem kann aus der Tatsache, dass der erste Teil der Handlung, die Schatzhausgeschichte, für sich allein stehend im griechischen Mythos außerhalb von Herodots Geschichtswerk auftritt, keine Gewissheit darüber gewonnen werden, ob er die dreistufige Handlung selbst gestaltet oder bereits übernommen hat. Auch wenn diese Dreiteiligkeit ein typischer Zug volkstümlicher Erzählung ist, kann sie erst von Herodot gebildet worden sein. Ferner erlaubt die Zuordnung einzelner Züge der Geschichte in den griechischen oder ägyptischen Raum keine sichere Aussage darüber, ob Herodot einen griechischen Mythos – wissentlich oder unwissentlich – mit ägyptischem Lokalkolorit versehen hat oder eine ägyptische Erzählung mit Zügen der eigenen, griechischen Herkunft, ausgestaltet hat. Somit ist Herodots eigener Anteil an der Ausformung der Geschichte letztendlich schwierig zu ermessen.

 

2.5 Spezielle Forschungsansätze

Müller, der von der Einheit und der ägyptischen Herkunft der Novelle vom Meisterdieb ausgeht, postuliert darüber hinaus eine strukturelle Übereinstimmung mit der folgenden Novelle (2,122,1), dem Würfelspiel des Rhampsinit mit Demeter (S. 46-50). Wie auch in jener Novelle gehe es in der Erzählung vom Meisterdieb sowohl um einen a'gw\n sofi/aj als auch in jedem Abschnitt um Leben und Tod. Auf den Tod des Vaters in der Vorgeschichte folgt der Tod des Bruders in der ersten Episode; der Besitzanspruch am Toten wird zum Ausgangspunkt der zweiten Geschichte, und der Arm des Toten rettet seinem Bruder in der dritten Episode das Leben. Überhaupt empfindet Müller das o‡khma der Prinzessin als "wahren Unterweltsort" (S. 48), und zwar aus den Gründen, dass der König mit zwanghafter Notwendigkeit davon ausgehe, dass unter den Besuchern seiner Tochter auch der gesuchte Dieb sein würde, ferner weil die Frage nach der frevelhaftesten und listigsten Tat an ein Totengericht anmuten ließe und schließlich da der Arm des toten Bruders sozusagen als Ersatzopfer zur Überlistung des Todesdämons diene. Dies alles dient ihm zur Bekräftigung seiner These, dass die Novelle vom Meisterdieb "ursprünglich einen Wettstreit mit dem Tode und seine Überlistung durch die Klugheit des Helden zum Inhalt hatte" (S. 49). Der Identitätsbezüge der beiden mit der Person des Rhampsinit verbundenen Erzählungen sei sich Herodot nicht bewusst gewesen, so dass er sie, einem ägyptischen Erzähler folgend, nur lose aneinandergereiht habe. Auch wenn sich weder der ägyptische Ursprung der Novelle vom Meisterdieb noch ihre "remythologisierte" Urform sicher belegen lassen, weist Müller durch seine Thesen zumindest auf die zentrale Bedeutung des Todesmotivs hin.


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Auf der Grundlage Müllers wagt Baudy einen religionswissenschaftlichen Deutungsversuch unter Einbindung der Speichertheorie, d. h. der Verfremdung eines Getreidemagazins zu einem Schatzhaus. Dabei vertritt er die These, "dass die beiden Erzählungen über den Einbruch ins Schatzhaus und die Begegnung mit der Königstochter lebensgeschichtliche Weichenfunktionen der ägyptischen Mysterienweihe widerspiegeln" (S. 9). Die erste Episode stehe möglicherweise für einen rituellen Saatgutdiebstahl beim Übergang in das Erwachsenenalter, der symbolisch die Befähigung zur Haus- und Hofgründung verleihe. Die andere Episode könne auf dem Hintergrund pränuptialer Initiationsriten entstanden sein. Das sich anschließende Würfelspiel des Rhampsinit mit Demeter habe vielleicht die kalendarische Konnotation des Jahreswechsels. Diese hier versuchte Deutung der herodoteischen Novelle vom Meisterdieb beruht hauptsächlich auf Vergleichen und Vermutungen, wobei sie viele Fragen offen lässt, z. B. wie sich in diesem Kontext die zweite Episode, d. h. die Einbindung des Leichendiebstahls, erklären ließe.

Horn hebt besonders einen Zug an der Novelle vom Meisterdieb hervor, nämlich die Bedeutung der sof…a, die auch in den Eigenschaften polutrop…a und polufrosÚnh in Erscheinung tritt17. Die Zweckmäßigkeit des Handelns, die gerade angesichts des Brudermordes als bedenken- und schrankenlos erscheine, stehe sophistischer Amoral außerordentlich nahe. Trotz ihrer ägyptischen Züge habe Herodot diese Erzählung als Trägerin einer eigenen Botschaft genutzt, nämlich "des Glaubens an die Unbezwingbarkeit einer alles bewältigenden tu/ch (S. 146), und somit diesen Zug des griechischen Geistes vorausgeahnt. Horn leitet daraus jedoch keine neuen Erkenntnisse oder Thesen zu den Grundfragen der Interpretation ab.

Einer speziellen Textstelle widmet sich Neitzel, und zwar 2,121e2, wobei er zu dem Ergebnis kommt, dass der König seine Tochter nicht in ein Bordell, sondern in ein Gemach steckt, wo sie sich nicht jedem Besucher hingeben solle, sondern nur denjenigen in einem übertragenen, erotischen Sinne festhalten solle, der ihr die frevelhafteste und die listigste Tat zu erzählen wisse18. Dieser Interpretation, die keine weitere Beachtung gefunden hat, widerspricht m. E. die parallele Formulierung in 2,126, die zweifelsfrei auf die Prostitution der Königstochter zielt.

3 Didaktische Analyse

3.1 Stellenwert der Novelle innerhalb der Herodotlektüre

Das übergeordnete, in den geltenden Rahmenplänen formulierte Richtziel der Herodotlektüre besteht für die Schüler darin, Herodot als Archegeten der Geschichtsschreibung kennen zu lernen19. Hinsichtlich der Themenkomplexe, auf die sich die Vorschläge für die Herodotlektüre konzentrieren, lässt sich die Behandlung speziell dieser Novelle vom Meisterdieb mit den Kategorien "Das Menschenbild Herodots", "Ethnologische Stoffe" und "Kennzeichen herodoteischer Geschichtsschreibung" begründen20. Ausdrücklich vorgeschlagen wird die Lektüre jedoch nur im Rahmenplan Saarlands, wo sie "Herodots Menschenbild veranschaulichen und zur Auseinandersetzung mit Grundproblemen menschlicher Existenz führen" soll (Kipf, S. 330).21

Was die Aufnahme der Novelle vom Meisterdieb in Schulausgaben angeht, gibt es sie in älterer Ausgabe in der Reihe Griechische Klassiker des Verlags Schöningh, ediert von Tambornino (Text: ohne Jahresangabe [zuerst 1930], Erläuterungen: 1960) sowie in der Reihe Aschendorffs Klassikerausgaben, herausgegeben von Borgmann (Text: 1972 – ohne Angabe der Auflage; Kommentar: 4/51972). Etwas neuer ist die Ausgabe in den Altsprachlichen Textausgaben der Sammlung Klett, ediert von Borst (31984 [zuerst 1951]), während die neueste Textausgabe von Herodots Historien in der Reihe Mythos und Logos aus dem Buchners Verlag (ed. Köhler) diese Partie nicht enthält. Generell ist zu allen Textausgaben zu bemerken, die die Novelle vom Meisterdieb enthalten, dass der Kommentar zu dürftige sprachliche Hilfen für die Texterschließung beinhaltet. Für die Handhabung ist auch es zudem unpraktisch, dass der Kommentar jeweils in einem gesonderten Band bzw. (bei Klett) einer Beilage enthalten ist, also nicht wie bei Buchners in einem sub-linea-Kommentar.


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Der Text setzt in allen Ausgaben nach dem ersten Halbsatz von 2,121 über den Herrschaftsantritt Rhampsinits (bis ™/legon) erst mit 2,121a ein, wodurch die für diese Novelle unwichtige Erwähnung der Baudenkmäler des Rhampsinit ausgelassen wird. Die restliche Novelle wird von Borgmann und Tambornino vollständig geboten, während Borst die Episode mit der Königstochter (2,121e) vermutlich aufgrund der Moralvorstellungen der 50er Jahre übergeht. Diese Entscheidung ist m. E. unglücklich, da somit einerseits die Bedeutung des Schlussteils mit dem Ausgleich der beiden Parteien nicht gänzlich erfasst werden kann und andererseits die Dreiteiligkeit als elementarer Bestandteil dieser Erzählung verloren geht, was auch für die Beschäftigung mit der lierarischen Rezeption nachteilig ist. Über die sprachlichen Angaben hinaus bietet allein Tambornino Informationen zu Parallelstellen und der Rezeption dieser Erzählung im Umfang von ca. einer Seite. Insgesamt eignen sich somit die Schultextausgaben nur bedingt für die Lektüre im Unterricht.

Nicht mehr für den Schulunterricht verfügbar, aber eine wichtige Bereicherung stellt die Ausgabe von Sparmberg in der Sammlung lateinischer und griechischer Schulausgaben im Verlag Velhagen & Klasing dar, in der Ausgewählte Novellen Herodots (1927) für den Schulunterricht mit ausführlicher Einleitung22 erschienen sind, und zwar hauptsächlich wegen des Beiheftes zu ausgewählten Novellen Herodots in der Reihe Lateinische und griechische Lesehefte. Darin hat Sparmberg die grundlegenden Parallelstellen und Rezeptionsdokumente im Original gesammelt, und zwar Charax Pergamenus Frg. 6, Pausanias 9,37,5, Johannes de Alta Silva: Dolopathos sive de rege et septem sapientibus: historia secundi sapientis: Gaza, Hans Sachs: Der Schatzturm sowie Heinrich Heine: Rhampsenit. Diese Dokumente erlauben es, die Geschichte eines Motivs in griechischer, lateinischer und deutscher Sprache nachzuvollziehen.23

In der fachdidaktischen Literatur fand die Novelle vom Meisterdieb nur bei Visser Erwähnung, der sie als Möglichkeit zur griechischen oder lateinischen24 Zwischenlektüre empfiehlt, um während der fortgeschrittenen Lehrbuchphase einen Motivationsfaktor gegen das "Gefühl einer fast unendlichen Stofffülle" (S. 3) zu schaffen und das Selbstbewusstsein der Schüler hinsichtlich ihrer bereits erreichten Texterschließungskompetenzen zu stärken25. Für die Lektüre im Griechischunterricht eigne sich die Novelle hinsichtlich des sprachlichen Schwierigkeitsgrades, des Umfangs und des ansprechenden und zur weiteren Vertiefung geeigneten Inhaltes in besonderer Weise. Damit reduziert Visser m. E. diese Novelle zu Unrecht auf eine amüsante "Gaunertragikomödie" (S. 4)26 und unterschätzt ihren Schwierigkeitsgrad (s. 3.2); ferner erscheint sie mir mit einem Umfang von ca. vier Oxford-Seiten als zu lang für eine Zwischenlektüre27. Um für die Lektüre der Novelle vom Meisterdieb den Hintergrund innerhalb des ägyptischen Logos lebendig werden zu lassen, kann der Aufsatz von Giebel dienen, der auf gut neun Seiten anschaulich die Höhepunkte des zweiten Buches und Herodots Unbefangenheit gegenüber der fremden Kultur schildert.28

 

3.2 Analyse des sprachlichen Anforderungsniveaus und Konsequenzen für die Unterrichtslektüre

 

Bei der Novelle vom Meisterdieb handelt es sich um einen Text von mittlerem Schwierigkeitsgrad. Der gesamte oben gebotene Text umfasst ca. 991 Wörter und besteht aus 45 Sätzen29, so dass die Sätze eine Durchschnittslänge von 22,02 Wörtern haben. 14 Sätze sind kurz (5-15 Wörter), 23 von mittlerer Länge (16-30 Wörter); darüber hinaus gehen nur acht Sätze30. Auch die längeren Sätze sind in der Regel dadurch leicht zu erschließen, dass sie klar gegliedert sind und aufzählenden Charakter haben.


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Im Bereich der Laut- und Formenlehre gibt es neben den Besonderheiten des ionischen Dialekts keine weiteren Schwierigkeiten. Hinsichtlich des Wortschatzes treten, besonders am Anfang des Textes, zahlreiche über den Grundwortschatz von Klett (edd. Meyer/Steinthal) hinausgehende Vokabeln auf, was jedoch im weiteren Textverlauf abnimmt.

Zu den syntaktischen Besonderheiten dieses Textes darf gezählt werden, dass er gänzlich in indirekter Rede geschrieben ist, sowie die zahlreichen Infinitiv- und Partizipialkonstruktionen. Die indirekte Rede, in der die Novelle vom Meisterdieb erzählt wird und die sich nach dem einleitenden e/legon in den Hauptsätzen ausschließlich der Infinitive bedient, wird dadurch erschwert, dass an einigen Stellen eine zweite Ebene der indirekten Rede untergeordnet ist. Diese wiederum enthält unterschiedliche Konstruktionen, nämlich sowohl oblique Aussagesätze mit æj als auch oblique Fragesätze und Infinitive.

Die Novelle vom Meisterdieb ist besonders reich an Partizipialkonstruktionen (ca. 90 Stellen), wobei das adverbiale Partizip (66 Formen) bei weitem den größten Teil ausmacht. Darunter fallen 59 Participia coniuncta, von denen eines durch æj als bedingt vergleichend verdeutlicht wird, während es dagegen nur sieben Genitivi absoluti gibt. Ferner werden acht Partizipien attributiv gebraucht, sieben sind substantiviert. Die übrigen Partizipien stehen in prädikativer Verwendung, eines als Prädikatsnomen, vier in einer Nominativus-cum-participio(N.c.I.)-Konstruktion in Abhängigkeit von den Verben tugca/nein, ¢nie/nai, ¢pagge/llein und o‡cesqai, ebenfalls vier in einer Accusativus-cum-participio- Konstruktion in Abhängigkeit von den Verben Ðran (3 Stellen) und mhnÚein.

Infinitive treten allein durch die indirekte Rede in großer Zahl auf, doch gibt es sie darüber hinaus an 16 Stellen, zehnmal bei der Verbgruppe des Wünschens und Begehrens, dreimal bei der des Können und Verstehens und einmal bei den Verben des Sagens und Meinens. Darüber hinaus gibt es einmal die persönliche N.c.I.-Konstruktion in Abhängigkeit von doke‹n sowie einen Infinitiv in Abhängigkeit von pr…n. Durch die Häufung der Infinitive und Partizipien ist die Einordnung der Verbalinformationen in die Satzstruktur an einigen Stellen schwierig.

Bei der hypotaktischen Unterordnung lassen sich weniger textspezifische Schwierigkeiten und Anhäufungen erkennen. In größerer Anzahl treten allein indirekte Fragen (darunter zwei deliberative Fragen im Konjunktiv) und æj-Sätze auf. Diese æj-Sätze haben häufig statt einer finiten Verbform einen Infinitiv als Prädikat, was auch in einem Relativsatz der Fall ist. Weitere syntaktische Schwierigkeiten fallen bei der Analyse des Gesamttextes nicht ins Gewicht.

Aus dieser Analyse des sprachlichen Anforderungsniveaus ergibt sich, dass es sinnvoll sein dürfte, die Regeln der indirekten Rede vor der Lektüre der Novelle vom Meisterdieb zu wiederholen bzw. zu vermitteln, um somit, gerade beim Lektürebeginn, keine unnötigen Probleme und Motivationshindernisse zu schaffen. Während des weiteren Fortganges der Lektüre bietet es sich an, eine systematische Wiederholung der Partizipialfunktionen mitsamt den zahlreichen Übersetzungsmöglichkeiten für adverbiale Partizipien durchzuführen. Am günstigsten ist es, wenn die Schüler schon etwas in den Text eingelesen sind, andererseits aber auch noch genug Gelegenheit haben, diese Kenntnisse anzuwenden. Darüber hinaus erlaubt das syntaktische Material auch eine Wiederholung der Infinitivfunktionen. Da die Vokabelhilfen der gängigen Schulausgaben oft unzureichend sind, scheint es sinnvoller, einen eigenen Kommentar anzufertigen. Generell gilt, dass die Texterschließung im Laufe der Lektüre durch Wiederholung typischer Konstruktionen und Vokabeln zunehmend einfacher werden dürfte.


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3.3 Analyse des Inhalts und Konsequenzen für die didaktisch-methodische Umsetzung

Da ich unter 2.2 den Inhalt der Novelle vom Meisterdieb ausführlich analysiert habe, gehe ich hier nicht erneut genau darauf ein, sondern benenne lediglich die zentralen Punkte. Für die inhaltlichen und weiterführenden Schwerpunkte einer schulischen Lektüre der Novelle vom Meisterdieb halte ich folgende:

  1. Dreistufigkeit des Handlungsverlaufs

  2. Klimax der Reaktionen und Maßnahmen von König und Meisterdieb

  3. Antagonismus zwischen König und Meisterdieb

  4. Novellistische Erzählung als Charakteristikum für Herodots Geschichtsschreibung

  5. Frage nach der Glaubwürdigkeit Herodots

  6. Umgang mit Fremdem

  7. Parallelen und Herkunft der Novelle vom Meisterdieb

  8. Rezeption der Novelle vom Meisterdieb

Die Themen a) – c) sind Schwerpunkte, die sich während der Lektüre unabhängig vom Leistungsstand des Kurses ergeben und für das Verständnis des Textes unentbehrlich sind. Dazu ist es jedoch notwendig, die zentralen Passagen (auch) im Original zu bieten, da insbesondere die Klimax der Maßnahmen von König und Meisterdieb (cf. 2.2) am deutlichsten durch die sprachliche Analyse des Originaltextes hervortritt, während sie durch die Lektüre einer Übersetzung abgeschwächt wird. Damit bietet die vorliegende Novelle den Schülern die Möglichkeit, durch sorgfältige Arbeit am Text zu einer ‚handfesten‘ Interpretation der Novelle zu gelangen. Zur Ergänzung von Punkt c) ist auch ein Vergleich mit der Novelle von Solon und Kroisos sinnvoll, da dieser Antagonismus einer bei Herodot mehrfach auftretenden Typologie folgt (cf. 2.2).

Mit der Diskussion um inhaltliche Schwerpunkte ist eine weitere Frage angerissen, nämlich die nach dem Umfang der Originallektüre. Da die Novelle vom Meisterdieb ja nicht im Mittelpunkt der schulischen Herodotlektüre steht, sondern neben den zentralen Partien (Kroisos und Solon, Xerxes und Demarat) fakultativ behandelt wird31, ist die Textmenge von ca. vier Oxford-Seiten recht hoch für eine schulische Gesamtlektüre. Deshalb ist es m. E. sinnvoll, einige Partien der Novelle zweisprachig mit gezielten Arbeitsaufträgen zur Arbeit am Text darzubieten. Solange das Gesamtverständnis des Textes gewahrt bleibt, ist es auch möglich, einen Teil nur anhand der Übersetzung zu behandeln. Beide Vorgehensweisen haben den Vorteil, dass durch den Methodenwechsel Eintönigkeit bei der Lektüre vermieden wird und außerdem der Gesamtinhalt der Novelle den Schülern leichter präsent bleibt.


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Die Vertiefung der Punkte d) - f) ist stark davon abhängig, inwieweit diese Themen schon in anderen Zusammenhängen behandelt worden sind. Insbesondere d) und e) werden wohl im allgemeinen anhand des Proömiums (1,1-5) sowie anderer Novellen, z. B. der Novelle von Solon und Kroisos (1,29-33), durchgenommen werden, wo sie stärker hervortreten und sich damit eher zur Thematisierung im Unterricht eignen. Für diese Novelle bedeutet dies, dass Herodots Technik der Geschichtsschreibung und die Frage nach seiner Glaubwürdigkeit am besten im Rahmen einer kurzen Wiederholung während der Textlektüre besprochen werden. Dafür eignet sich besonders 1,121e1 mit Herodots Zweifel an der Prostitution der Königstochter. Auch für f) bietet diese Novelle nur einen möglichen Anknüpfungspunkt, wobei der ägyptische Logos an sich aufgrund seines großen Umfangs sehr gut geeignet ist, Herodots Umgang mit fremden Kulturen zu betrachten und unter Bezugnahme auf die Gegenwart zu diskutieren und aktualisieren.32

Die Punkte g) und h) führen über die eigentliche Arbeit am Text hinaus und bieten Möglichkeiten zur Wissenschaftspropädeutik. Um die Herkunft der Novelle zu behandeln, bietet es sich an, die Quellen von Charax und Pausanias (cf. 4) in deutscher Übersetzung oder zweisprachig in den Unterricht einzubeziehen und mit Herodots Überlieferung zu vergleichen, zumal sie auch relativ kurz sind. Während man sich in einem leistungsschwächeren Kurs darauf beschränken sollte, die Quellenfrage als ungeklärt zu beschreiben, ist in einem leistungsstarken Kurs in Betracht zu ziehen, darüber hinaus auch Aufsätze aus der fachwissenschaftlichen Literatur im Unterricht zu benutzen. Dabei erscheint es mir am sinnvollsten, zentrale Aussagen von Fehling, Erbse und Müller zusammenzustellen und durch die Gegenüberstellung ihrer Aussagen die Schüler zu einem kritischen Umgang mit Interpretationen zu veranlassen. Die Behandlung der Parallelstellen kann von der Auseinandersetzung mit wissenschaftlichen Texten auch zeitlich getrennt erfolgen. Während letztere nur nach Abschluss der Lektüre erfolgen sollte, ist der Quellenvergleich auch nach der Lektüre der ersten Handlungsstufe (2,121b) als Einschub möglich. Dies ist vor allem dann zu erwägen, wenn die Schüler nach Beendigung der Novellenlektüre durch das Eingehen auf die Rezeption ohnehin viel zusätzliches Textmaterial erhalten.

Der besondere Reiz einer Unterrichtslektüre der Novelle vom Meisterdieb liegt darin, dass sie in besonderem Maße die Gelegenheit bietet, eine Geschichte mitsamt ihrer Rezeption kennen zu lernen, da sie das wohl meistrezipierte Kapitel Herodots darstellt (cf. 4.). Selten bietet sich im altsprachlichen Unterricht die Möglichkeit, die Langlebigkeit eines Motivs so anschaulich vor Augen zu führen. Die Schüler erhalten m. E. einen guten Überblick über die vielfältige Rezeption, wenn von den unter 5. aufgeführten Dokumenten folgende in den Unterricht einbezogen werden: Dolopathos sive de rege et septem sapientibus: historia secundi sapientis: Gaza von Johannes de Alta Silva (in deutscher Übersetzung), Der Schatzturm von Hans Sachs, Der Meisterdieb der Brüder Grimm sowie Rhampsenit von Heinrich Heine. Die in eine Adaption des Sindbad-Zyklus eingebettete Dolopathos-Geschichte ist zwar mit ca. 6½ Seiten zu lang für die lateinische Originallektüre, aber dennoch in der Übersetzung lohnend, da sie die Verbindung dieses Motivs zwischen der Antike und der nationalsprachlichen Literatur herstellt und die Herauslösung aus dem historischen Kontext markiert. Ebenfalls ins Märchengut ging das Motiv vom Meisterdieb durch die Brüder Grimm ein, wo es zwar einerseits in der größten Selbstständigkeit gegenüber Herodot vorliegt, aber andererseits auch seine größte Bekanntheit erlangte. Nicht in Prosa, sondern als lyrische Adaptionen haben Hans Sachs und Heinrich Heine dieses Motiv gestaltet, wobei es als Träger für ganz unterschiedliche moralische Vorstellungen fungiert. Daher lohnt die Einbeziehung beider Rezeptionsdokumente in den Unterricht, auch wenn Der Schatzturm von Hans Sachs recht hohe Anforderungen an die Sprachkompetenz im Deutschen stellt.


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Um Eintönigkeit bei der Behandlung des Themas zu vermeiden, ist es empfehlenswert, in Gruppenarbeit je einen Text bearbeiten zu lassen, um dann bei der Präsentation der Ergebnisse – möglichst in historischer Reihenfolge - dem gesamten Kurs die Vielfalt der Rezeption vor Augen zu führen. Als Kriterien beim Vergleich der Motive sollten insbesondere der historische und narrative Kontext, die Struktur und die moralische Vorstellungen bzw. die Hauptaussage berücksichtigt werden. Bei dieser fächerübergreifenden Thematik ist auch an eine Kooperation mit dem/der DeutschlehrerIn bzw. dem/der LateinlehrerIn zu denken. Bei Abschluss der Meisterdieb-Erzählungen sollten die Schüler eine Übersicht über die Parallelstellen und Rezeptionsdokumente gewonnen haben.

 

3.4 Fazit der didaktischen Analyse

Auch wenn die Novelle vom Meisterdieb nicht im Mittelpunkt der Herodotlektüre steht, stellt die m. E. anschauliche und ansprechende Geschichte dennoch eine wichtige Bereicherung dar. Von mittlerem, im Laufe der Lektüre sinkenden Schwierigkeitsgrad, ist sie für die Schüler mit Hilfe eines Kommentars oder der Hilfestellung durch den Lehrer gut verständlich und bietet einen motivierenden Impuls zur Interpretation durch genaue Arbeit am Text. Als grammatikalischer Schwerpunkt drängt sich eine Wiederholung und nachhaltige Einübung der Partizipialkonstruktionen geradezu auf, während gleichzeitig die indirekte Rede ihren Schrecken verlieren sollte. Für Herodot exemplarisch sind die Typologie der Protagonisten, die novellistische Erzählweise, die Frage nach seiner Glaubwürdigkeit und der Umgang mit fremden Kulturen. Darüber hinaus bietet die Novelle vom Meisterdieb eine einmalige Gelegenheit, sowohl Parallelstellen als auch vielfältige Rezeptionsdokumente mit in den Unterricht einzubeziehen und auf diese Weise fächerübergreifend Herodots Wirkungsgeschichte zu veranschaulichen. Die Frage nach der Herkunft der Novelle bietet die Möglichkeit, anhand eines festumrissenen Themas die grundsätzliche Forschungsdiskussion über die Glaubwürdigkeit Herodots aufzuzeigen und wissenschaftspropädeutisch anhand ausgewählter Aussagen der Sekundärliteratur den kritischen Umgang mit Texten und Interpretationen zu fördern. Aus diesen Gründen, die ja zum Teil textspezifisch sind, halte ich die Novelle vom Meisterdieb im Rahmen der Herodotlektüre für sehr sinnvoll.

 

4. Reihenplanung für eine Unterrichtsreihe zur Novelle vom Meisterdieb

 

4.1 Begründung für die Aufteilung der Reihe

 

Bei der Erstellung der folgenden Reihenplanung zur Lektüre der Novelle vom Meisterdieb (s. 4.2) habe ich mich an den in 3. erörterten Schlussfolgerungen aus der didaktischen Analyse orientiert, wobei ich von einem Kurs gehobenen Niveaus ausgegangen bin, um auch die wissenschaftspropädeutischen Unterrichtsziele miteinbeziehen zu können. Da sich jedoch die einzelne Unterrichtsreihe an den spezifischen Unterrichtsbedingungen orientieren muss, kann die folgende Unterrichtsreihe nur ein Vorschlag sein bzw. nur eine grobe Orientierung bieten.


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Bei der Aufteilung der Reihe habe ich mich an den inneren Aufbau (cf. 2.2) der Novelle vom Meisterdieb gehalten, wobei ich während der ersten Hälfte der Lektürephase (erste bis vierte Stunde) eher kleine Stoffmengen wähle, während in der zweiten Hälfte (fünfte bis achte Stunde) durch verschiedene Methoden eher große Stoffmengen bewältigt werden sollen. Dadurch können die Schüler in der ersten Hälfte der Lektürephase einerseits mit dem Text leichter vertraut werden und andererseits den grammatischen Lernstoff (indirekte Rede, Partizipien) besser erwerben, während in der zweiten Lektürephase die Interpretation der Novelle stärker in den Vordergrund rückt. Von den unter 3.3 genannten Schwerpunkten der Lektüre werden die Punkte a)-c) einerseits während der Textlektüre besprochen, andererseits nach Abschluss der Lektüre zusammenfassend behandelt. Die Punkte d)-f) werden als bereits thematisiert vorausgesetzt und somit als Wiederholung an geeigneten Anknüpfungspunkten in die Lektürephase eingebettet.

Am Abschluss der Lektüre sind die neunte und zehnte Stunde der Herkunft (g) und Rezeption (h) der Novelle gewidmet, um die Entwicklungsgeschichte eines Motivs exemplarisch vor Augen zu führen sowie anhand von wissenschaftlicher Sekundärliteratur und Rezeptionsdokumenten Wissenschaftspropädeutik zu betreiben. An dieser Stelle erfährt auch die Debatte um Herodots Glaubwürdigkeit eine stellenspezifische Vertiefung. Für die Diskussion über das Abscheren der Bärte (6. Stunde) wird nach Lektüre der ersten Handlungsstufe mit der Besprechung der Parallelstellen eine Grundlage geschaffen (5. Stunde); beide Punkte dienen auch dazu, die Fragen nach der Herkunft der Novelle und der Glaubwürdigkeit Herodots nach Abschluss der Novellenlektüre (9. Stunde) vorzubereiten.

Bei der Gestaltung des Lektürepensums möchte ich durch die Aufteilung in Original-, Übersetzungs- und zweisprachiger Lektüre die gesamte Novelle behandeln, wobei ich allerdings das architektonische Erbe Rhampsinits (121) auslasse, da es für die Geschichte vom Meisterdieb irrelevant ist. Für Einleitungs- (121a) und Schlussteil (121z) wähle ich fast gänzlich die Originallektüre, da diese den Rahmen der Erzählung bilden; nur das Ende der Einleitung (121a3) schlage ich für die Übersetzungslektüre vor, um einen zu langatmigen Einstieg in die Novelle zu vermeiden. Die erste Episode (121b) ist ebenfalls als Originallektüre in meinem Vorschlag für eine Reihenplanung angelegt, damit die Schüler neben den anderen dort genannten inhaltlichen und grammatikalischen Lernzielen besonders das dreiteilige Grundmuster der Handlung (Reaktion des Königs, Maßnahme des Königs, Gegenmaßnahme des Diebes) genau kennen lernen. Auch in der zweiten Episode (121g-d) habe ich Reaktion und Maßnahme des Königs (121g1) als Originallektüre geplant, da insbesondere für die emotionale Reaktion nur im Original die Klimax gegenüber der ersten Handlungsstufe deutlich wird und zudem die Reaktion impulsgebend für die Gegenmaßnahme des Diebes ist. Da das Verhalten der Mutter (121g2) nicht zentraler Handlungsbestandteil, sondern ein verschärfender Nebenumstand ist, schlage ich für diesen Abschnitt die Übersetzungslektüre vor, ebenso für die die Gegenmaßnahme des Diebes einleitende Passage (121d1 bis ™pitecn»sasqai toi£de min). Die weitere Handlung des Diebes (121d2 ab Ônouj kataskeuas£menon bis 121d6) bietet sich aufgrund ihrer Gliederung in sechs ähnlich lange und schwierige Schritte für eine Aufteilung der


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 Originallektüre und Übersetzung in Partner- oder Kleingruppenarbeit geradezu an. Auf diese Weise kann der relativ lange Textabschnitt zügig behandelt werden. Für die dritte Episode (121e) schlage ich die Bearbeitung am zweisprachigen Text vor, da sie hinsichtlich der syntaktischen Komplexität am anspruchsvollsten ist und sich somit für eine Analyse der Konnektoren und Verbalinformationen anbietet. Mit dieser Methode kann zudem am griechischen Text die weitere Klimax in der Reaktion des Königs und Herodots Selbstverständnis als Geschichtsschreiber (121e1) behandelt werden. Insgesamt werden in der von mir vorgeschlagenen Unterrichtsreihe gut zwei Drittel (ca. 68%) der Novelle vom Meisterdieb im Original übersetzt, während sich das restliche Drittel in Übersetzungs- (ca. 14%) und zweisprachige Lektüre (ca. 18 %) aufteilt.

Diese Reihenplanung ist mit zehn Stunden für eine verhältnismäßig lange Dauer konzipiert, um allen genannten Schwerpunkten einen angemessenen Zeitrahmen zur Verfügung zur stellen. Für die individuelle Umsetzung können die einzelnen Phasen gekürzt oder verändert werden. In der ersten Hälfte der Lektürephase habe ich die Wahl der Unterrichtsformen wegen der jeweils spezifischen Rahmenbedingungen offengelassen, während ich in der zweiten Hälfte auf Sozialformen und Unterrichtsmethodik eingegangen bin, soweit es für die Umsetzung meiner Unterrichtsziele erforderlich war und um dabei eine Möglichkeit für methodische Vielfalt bei gleichzeitiger Bewältigung relativ großer Stoffmengen aufzuzeigen.

 

4.2 Tabellarische Übersicht

Stunde

Stoff

Groblernziele

Die Schüler…

1.

Originallektüre von 2,121 [Prwto\j bis ™/legon] und 2,121a1

- wiederholen die indirekte Rede.

- lernen den historischen Bezug der Novelle kennen.

2.

- Originallektüre von 2,121a2

- Giebel: Heilige Krokodile und geflügelte Schlangen – Herodot in Ägypten33 (vorbereitet durch die Hausaufgabe)

- wiederholen die Übersetzungsmöglichkeiten für Participia coniuncta und Genitivi absoluti und wenden sie im Text an.

- diskutieren Herodots Umgang mit der fremden Kultur.

- entwickeln eine Erwartungshaltung an den folgenden Text.

3.

- Lektüre von 2,121a3 in deutscher Übersetzung

- Originallektüre von 2,121b1

- ordnen das Novellistische in Herodots Form von Geschichtsschreibung ein.

- analysieren die Nominativus-cum-participio- und Accusativus-cum-participio-Konstruktion.

4.

Originallektüre von 2,121b2

- analysieren 2,121b nach Reaktion und Maßnahme des Königs und Gegenmaßnahme des Diebes.

5.

- Lektüre von Charax Pergamenus, Frg. 6, und Pausanias, 9,37,5-7 in deutscher Übersetzung

- Originallektüre von 2,121g1

- Lektüre von 121g2 in deutscher Übersetzung

- nehmen Stellung zu den Parallelüberlieferungen von 2,121b bei Charax und Pausanias.

- analysieren 121g nach Reaktion und Maßnahme des Königs.

- wiederholen die Accusativus-cum-participio-Konstruktion.

6.

- Lektüre von 121d1 (bis ™pitecn»sasqai toi£de min) in deutscher Übersetzung

- Originallektüre von 121d1 (ab Ônouj kataskeuas£menon) bis 121d6

- üben Lexikonarbeit bei der Übersetzung von je einem Kapitel von 121d2-6 in Partner- bzw. Kleingruppenarbeit ein.

- paraphrasieren den Ablauf der Handlung.

- nehmen Stellung zum historisch zweifelhaften Abscheren der Bärte.


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7.

- Lektüre von 121e am zweisprachigen Text

- analysieren 2,121e1-3 bzw. 4f in zwei Gruppen nach Konnektoren und Verbalinformationen.

- analysieren 2,121e nach Reaktion und Maßnahme des Königs und Gegenmaßnahme des Diebes.

- interpretieren 2,121e in Hinsicht auf Herodots Selbstverständnis als Geschichtsschreiber.

8.

- Originallektüre von 121z

- analysieren den Aufbau der Novelle vom Meisterdieb.

- paraphrasieren die Klimax der Reaktionen und Maßnahmen des Königs und Gegenmaßnahmen des Diebes.

- ordnen den Antagonismus von König und Dieb in eine für Herodot charakteristische, aus der Novelle von Solon und Kroisos bekannte Typologie ein.

9.

- Herkunft der Novelle und Glaubwürdigkeit Herodots (Charax Pergamenus, Frg. 6, und Pausanias, 9,37,5-7)

- wissenschaftliche Sekundärliteratur (z. B. Fehling, Erbse, Müller)

- nehmen Stellung zu wissenschaftlichen Interpretationsansätzen über die Herkunft der Novelle und zur Glaubwürdigkeit Herodots.

10.

Rezeption der Novelle vom Meisterdieb:

- Johannes de Alta Silva: Dolopathos sive de rege et septem sapientibus: historia secundi sapientis: Gaza

- Hans Sachs: Der Schatzturm

- Brüder Grimm: Der Meisterdieb

- Heinrich Heine: Rhampsenit

- vergleichen in Gruppenarbeit je ein Rezeptionsdokument mit Herodots Novelle vom Meisterdieb.

- analysieren die Entwicklung des Meisterdieb-Motivs von der Antike bis zur Gegenwart.

 

5. Übersicht über die Parallelstellen und die Rezeption

Die Geschichte vom Meisterdieb ist, "nimmt man die Verbreitung in der Weltliteratur zum Maßstab … das berühmteste Kapitel der Historien überhaupt" (Müller, S. 42). Daher habe ich im folgenden eine Übersicht über die Parallelstellen und wichtigsten Rezeptionsdokumente zusammengestellt, die sich, gerade angesichts der Verbreitung der Erzählung im Märchengut, beliebig verlängern ließe.34


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1. Eugam(m)on von Kyrene (?), Telegonie: Trophonius-Agamedon-Mythos (nach Eusebius zwischen 568 und 565 v. Chr. verfasst)

bezeugt durch Proklos (5. Jh. n. Chr.)

 

2. Charax Pergamenus, Frg. 6

Priester und Historiker (147 n. Chr. cos.), Verfasser von Ellhnik£, aus deren 4. Buch das Fragment stammt, und Cronika/

 

3. Pausanias 9,37,5-7

Verfasser einer peri»ghsij Elladoj (drittes Viertel des 2. Jh. n. Chr.)

 

4. Johannes de Alta Silva: Dolopathos sive de rege et septem sapientibus: historia secundi sapientis: Gaza

Zisterzienser Mönch in der lothringischen, zum Bistum Nancy gehörenden Abtei Alta Silva (Haute-Seille), der gegen Ende des 12. Jh. den orientalischen Volksroman von den sieben Meistern in lateinischer Sprache bearbeitete. Dolopathos ist König von Sizilien, dessen Sohn Lucinius durch die Sieben Weisen vor dem Verderben durch die von ihm verschmähte Stiefmutter gerettet wird.35

 

5. Hans Sachs: Der Schatzturm

Meisterlied in dem blühenden Ton des Frauenlobs, am 14. Januar 1532 gedichtet nach den Gesta Romanorum, einem vielgelesenen mittelalterlichen Volksbuch.

 

6. Brüder Grimm: Der Meisterdieb

erschienen in der 1812 veröffentlichten Erstausgabe der Märchensammlung36

Weiteres Auftreten im Märchengut:

  • plattdeutsches Märchen De Spitzbôfmeister

  • pommersches Märchen Die russische Finetee und die russische Galathee

  • im neugriechischen Märchen

  • u. v. m.37


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7. August von Platen: Der Schatz des Rhampsinit

1825 erschienene Tragikomödie

 

8. Heinrich Heine: Rhampsenit

Gedicht in der 1851 veröffentlichten Lyriksammlung Romanzero

 

9. Viktor Holländer: König Rhampsinit

1891 in Milwaukee aufgeführte Operette

 

10. Carl Maria Seyppel: Schlau, schlauer, am schläusten. Ägyptische Humoreske. Niedergeschrieben und abgemalt 1315 Jahre vor Christi Geburt von C. M. Seyppel, Hofmaler und Poet Seiner Majestät des Königs Rampsinit III, Memphis, Mumienstraße No. 35, 3. Etage, 4 x Klingeln

Kinderbuch, erschienen Düsseldorf 1882, neu hrsg. von Elisabeth Staehelin, München 1974 (Dialog mit der Antike 3)

 

6. Literatur

 

6.1 Fachwissenschaft

  • Textausgabe:

  • Herodotus: Historiae (2 Bdd.), ed. C. Hude, Oxford31927

  • Kommentare:

  • Herodotos: erklärt v. H. Stein, Bd. 1, Heft 2: Buch II, Berlin51902

  • Herodotus: Book II, ed. W. G. Waddell, Letchworth, Hertfordshire61979 (11939)

  • Herodotus: Book II, ed. A. B. Lloyd (3 Bdd.), Leiden 1975-1988 (Études préliminaires aux religions orientales dans l’Empire romain, T. 43)

  • Übersetzungen:

  • Herodot: Historien, griech.-dt. hrsg. v. J. Feix, Zürich51995 (2 Bdd.)

  • Herodot: Historien, übersetzt v. A. Horneffer, neu herausgegeben und erläutert v. H. W. Haussig, eingeleitet v. W. F. Otto, Stuttgart41971


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  • Sekundärliteratur:

  • W. Aly: Volksmärchen, Sage und Novelle bei Herodot und seinen Zeitgenossen. Eine Untersuchung über die volkstümlichen Elemente der altgriechischen Prosaerzählung, Göttingen 1921

  • G. Baudy: Der Thesaurus des Rhampsinit. Ein religionswissenschaftlicher Deutungsversuch zu Herodot 2,121-123, in: Ch. Mueller-Goldingen/K. Sier (edd.), unter Mitwirkung v. H. Becker: Lēnaika. Festschrift für Carl Werner Müller zum 65. Geburtstag am 28. Januar 1996, Stuttgart/Leipzig 1996, S. 1-20 (Beiträge zur Altertumskunde, Bd. 89)

  • H. Erbse: Die Funktion der Novellen im Werk Herodots, in: G. Kurz/D. Müller/W. Nicolai (edd.): Gnomosyne. Menschliches Denken und Handeln in der frühgriechischen Literatur. Festschrift für Walter Marg zum 70. Geburtstag, München 1981, S. 251-269

  • D. Fehling: Die Quellenangaben bei Herodot. Studien zur Erzählkunst Herodots, Berlin/New York 1971 (UaLG 9)

  • H.-J. Horn: Der König und der Dieb. Spuren sophistischen Denkens in der Novelle vom Schatzhaus des Rhampsinit (Herodot II 121), in: R. W. Puster (ed.): Veritas filia temporis? Philosophiehistorie zwischen Wahrheit und Geschichte. Festschrift für Rainer Specht zum 65. Geburtstag, Berlin/New York 1995, S. 137-146

  • C. W. Müller: Das Schatzhaus des Rhampsinit oder die Überlistung des Todes. Zu Herodots ägyptischer Reise und der Authentizität seiner Quellenangaben, in: C. W. Müller/K. Sier/J. Werner (edd.): Zum Umgang mit fremden Sprachen in der griechisch-römischen Antike, Stuttgart 1992, S. 37-62 (Palingenesia, Bd. 36)

  • H. Neitzel: Prinzessin und Meisterdieb bei Herodot (2, 121 e), WJA N. F. 19, 1993, S. 215-238

 

6.2 Fachdidaktik

  • Schulausgaben:

  • Herodotus: Für den Schulgebrauch erklärt v. K. Abicht, Bd. 1, Heft 2: Buch II, Leipzig31876

  • Herodot: Eine Auswahl aus sämtlichen neun Büchern. Text/Kommentar (2 Bdd.), ausgewählt, eingeleitet und kommentiert v. J. Borgmann, Münster 1972 – ohne Angabe der Auflage/ Münster4/51972 (Aschendorffs Klassikerausgaben)

  • Herodot: Geschichten, ed. J. Borst, Stuttgart31984 (Altsprachliche Textausgaben, Sammlung Klett)

  • Herodot: Historien, ed. R. Köhler, Bamberg 1999 (Buchners, Mythos und Logos)

  • Herodotos: Auswahl. Text/Erläuterungen (2 Bdd.), ed. J. Tambornino, Paderborn – ohne Angabe von Jahr und Auflage/Paderborn41960 (Schöningh, Griechische Klassiker)


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  • Th. Meyer/H. Steinthal: Grund- und Aufbauwortschatz Griechisch, Stuttgart/Düsseldorf/ Berlin/Leipzig 1993

  • P. Sparmberg (ed.): Ausgewählte Novellen Herodots. Für den Schulgebrauch herausgegeben, Bielefeld/Leipzig 1927 (Velhagen und Klasing, Sammlung lateinischer und griechischer Schulausgaben)

  • P. Sparmberg: Beiheft zu ausgewählten Novellen Herodots, Bielefeld/Leipzig 1927 (Velhagen und Klasing, Lateinische und griechische Lesehefte, Nr. 2)

  • Sekundärliteratur:

  • M. Giebel: Heilige Krokodile und geflügelte Schlangen – Herodot in Ägypten, http://www.klassphil.uni-muenchen.de/~waiblinger/Herodot.html (Stand: 18.07.02)

  • S. Kipf: Herodot als Schulautor. Ein Beitrag zur Geschichte des Griechischunterrichts in Deutschland vom 15. bis zum 20. Jahrhundert, Köln/Weimar/Wien 1999 (Studien und Dokumentationen zur deutschen Bildungsgeschichte, Bd. 73)

  • Senatsverwaltung für Schule, Berufsbildung und Sport: Rahmenplan für Unterricht und Erziehung in der Berliner Schule. Gymnasiale Oberstufe. Fach Griechisch. B III c 112, gültig ab Schuljahr 1991/92

  • Visser, Edzard: Herodots Rhampsinitgeschichte (II 121) als Zwischenlektüre, Scrinium 37, 3/1992, S. 3-8

 

6.3 Parallelüberlieferung und Rezeption

  • Primärliteratur:

  • Fragmenta Historicorum Graecorum (FHG): Bd. 3, ed. K. Müller, Paris 1849

  • Brüder Grimm: Kinder und Hausmärchen, Bd. 3, Märchen Nr. 145-200. Kinderlegenden 1-10, ed. H.-J. Uther, Darmstadt 1996

  • H. Heine: Romanzero, Gedichte. 1853 und 1854, Lyrischer Nachlaß, ed. F. Bartelt/A. Destro, in: Historisch-kritische Gesamtausgabe der Werke, Bd. 3/1 ed. M. Windfuhr, Hamburg 1991

  • Pausanias: Graecia Descriptio, Vol. III, Libri IX-X. Indices, ed. M. H. Rocha-Pereira, Stuttgart21989 (11981)

  • Pausanias: Reisen in Griechenland, Bd. III: Delphoi, Bücher VIII-X, ed. E. Meyer/F. Eckstein/P. C. Bol, Zürich/München31989 (Die Bibliothek der Alten Welt)

  • H. Sachs: Sämtliche Fabeln und Schwänke, Bd. 3, edd. E. Goetze/C. Drescher, Halle a. S. 1900

  • P. Sparmberg: Beiheft (s. 6.2, Schulausgaben)


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  • Sekundärliteratur:

  • J. Bolte/ G. Polívka: Anmerkungen zu den Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm, Bd. 3 (Nr. 121-225), Leipzig 1918

  • A. A. Donohue: Pausanias, der Perieget, in: DNP 9, Stuttgart/Weimar 200, Sp. 445-449

  • H. Lox: Meisterdieb, in: Enzyklopädie des Märchens, Bd. 9, Berlin/New York 1999, Sp. 508-522

  • W. Maaz: Johannes de Alta Silva, in: Enzyklopädie des Märchens, Bd. 7, Berlin/New York 1993, Sp. 570-575

  • K. Meister: Charax, in: DNP 2, Stuttgart/Weimar 1997, SP. 1096f

  • Ch. Selzer: Eugam(m)on, in: DNP 4, Stuttgart/Weimar 1998, Sp. 231

  • Zu August von Platen: http://www.gutenberg2000.de/autoren/platen.htm (Stand: 18.07.02)

  • Zu Viktor Holländer: http://members.aol.com/KAlbert44/operette.html (Stand: 18.07.02)

  • Zu Carl Maria Seyppel: http://docserver.bis.uni-oldenberg.de/retrodig/0117/0117.htm (Stand: 28.01.02)

7. Anhang

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Anmerkungen

1 Die Dreigliederung hat schon Aly, S. 240, als festen Bestandteil des Volksmärchens hervorgehoben. Nach Lox, Sp. 509f, ist sie ein wesentliches Element des Meisterdieb-Motivs im Märchen.

2 Nach Lloyd, Bd. 1, S. 107f, basiert der Name Rhampsinit auf den Namen Ramses der 19. und 20. Dynastie und wurde durch die anachronistische Hinzufügung des Titels verballhornt.

3 Die Stellenangaben erfolgen, sofern nicht anders angegeben, nach der wissenschaftlichen Textausgabe von Hude.

4 Cf. Erbse, S. 266f, und Müller, S. 46; Neitzel, S. 234f, postuliert dagegen eine chiastische Vierteiligkeit, wobei er m. E. die Vorgeschichte und die Dreiteiligkeit der Handlung als konstitutives Element märchenhafter Erzählung unberücksichtigt lässt (cf. Aly, Lox, a. a. O.). Außerdem verkennt er den qualitativen Unterschied zwischen Einleitungs- und Schlussteil einerseits und den dynamischen fortschreitenden Diebstahlsepisoden andererseits.

5 Der Gegenspielermotivik und der "kräftige Gegensatz" ist schon von Aly als Hauptkunstmittel in den Novellen Herodots hervorgehoben worden, wobei er allerdings den Antagonismus von König und Dieb nicht erwähnt, sondern nur auf den szenischen Gegensatz von der Trauer um den toten Bruder und der direkt folgenden "tollen Szene mit den trunkenen Wächtern" eingeht (S. 245f).


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6 Mit dieser Novelle hat die Geschichte vom Meisterdieb auch die Gliederung in Einleitung, Dreistufigkeit der Handlung und Schlussteil gemeinsam.

7 Die Überlistung des sozial überlegenen Gegenspielers ist auch in der weiten Verbreitung des Meisterdieb-Motivs ein zentraler Aspekt, so Lox, Sp. 510.

8 Cf. Bolte/Polívka, S. 396; Müller, S. 51-62.

9 so Selzer und Müller, S. 52 und Anm. 47

10 cf. Meister

11 cf. Donohue

12 So spricht Aly, a. a. O., aufgrund Herodots Bemerkung zur Unglaubwürdigkeit der Geschichte von der Prostitution der Königstochter (1,121e1, Z. 20f) ihm den Sinn "für den anmutigen Reiz des Märchens" mit diesem zweifelhaften Argument ab.

13 Herodot leitet den letzten Teil der Novelle vom Meisterdieb, die die Geschichte von der Prostitution der Königstochter behandelt, mit der Bemerkung ein, dass er sie nicht für glaubwürdig hält: ™moˆ mn oÙ pist£.

14 Im Gegensatz zu Aly lobt er, S. 264, die "meisterhafte" Erzähltechnik und die "schriftstellerische Vollendung" dieser Novelle.

15 Dabei bezieht sich Müller auf: A. Olrik: Epische Gesetze der Volksdichtung, ZfdA 51, 1909, S. 4; cf. Aly, S. 240.

16 so auch Neitzel, S. 237f

17 Diese Beobachtung wurde aber auch schon von Müller, S. 47, und Neitzel, S. 234, getroffen.

18 Zu den sechs Unterschieden Neitzels zu den geläufigen Übersetzungen dieses Textabschnittes s. id., S. 216. Allerdings widerspreche ich ihm hinsichtlich des unnötigen Subjektswechsels bei suggene/sqai, mit dem er den Besucher statt der Prinzessin zum Subjekt macht, was ich überdies für die Interpretation dieser Stelle für irrelevant halte.

19 Zu Herodots Stellung in den Lehr- und Rahmenplänen s. Kipf, S. 326-333.

20 Für diese und weitere zentrale Themen der Herodotlektüre s. Kipf, S. 328.

21 Im Rahmenplan Berlins passt die Novelle vom Meisterdieb am besten in das Kursthema Geschichten und Geschichte des Profilbereichs in der Einführungsphase, das für das zweite Kurshalbjahr vorgeschlagen wird (S. 6). Sie lässt sich jedoch ebenso im ersten Halbjahr der gymnasialen Oberstufe unter den Kursthemen Das Entstehen einer Geschichtsschreibung im Grundkurs (g3 – 1.1; S. 8) bzw. im Leistungskurs (S. 12) unter den Themen Menschliches Schicksal bei Homer und Herodot (G3 – 1.2) sowie Deutung und Gestaltung des Mythos (Homer) und der Geschichte (Herodot) (G3 – 1.3) behandeln.


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22 Darin bezeichnet er die "novellenartigen Einlagen" als den "literarisch wertvollsten Teil des Herodoteischen Geschichtswerkes" (S. XV).

23 Zur Bewertung und möglichen Anwendung der Parallelstellen und Rezeptionsdokumente im Unterricht s. 4.3

24 Dazu s. seine Übersetzung ins Lateinische mitsamt Schülerkommentar, S. 5-8.

25 Vorraussetzung für die Zwischenlektüre seien die Lektionen 1-14 der Ars Graeca bzw. für die lateinische Version die Lektionen 1-29 der Ianua Nova (in Neubearbeitung).

26 Auch Vissers Vorschläge zur Vertiefung (S. 4), die Charakterisierung der Personen oder die Einführung in antike Geschichtsschreibung, zeigen, dass er den Stellenwert der Novelle unterschätzt.

27 Außerdem ist die Umwandlung der ionischen Prosa ins Attische ein fragwürdiger Versuch, Schülern einen wirklichen Motivationsfaktor unter Berücksichtigung ihres Kenntnisstandes zu schaffen.

28 Der Aufsatz führt Herodots eigene Stellungnahmen zur Bewertung des Erzählten an, verzichtet aber auf die Schwierigkeiten in den Quellenfragen.

29 Als Satzende habe ich auch die Kola gewertet, da hier meist ein sinnvoller Einschnitt für die Texterschließung liegt.

30 Genaue Verteilung: Sätze mit 5 Wörtern: 1

6-10 Wörtern: 7

11-15 Wörtern: 6

15-20 Wörtern: 12

21-25 Wörtern: 7

26-30 Wörtern: 4

31-35 Wörtern: 3

36-40 Wörtern: 2

41-45 Wörtern: 2

46 Wörtern: 2 (in: 121 [Anfang] und 121a2)

61 Wörtern: 1 (121e4)


Pegasus 3/2002, 29

31 Cf. Kipf, S. 326-333.

32 Als nützliches Hilfsmittel zur Anbindung dieses Themenkomplexes an die Novelle vom Meisterdieb kann dabei der unter 4.1 erwähnte Aufsatz von Giebel dienen. Allerdings darf man bei speziell dieser Stelle nicht vergessen, dass die Grundfrage, ob es sich hier um ein griechisches oder ägyptisches Motiv handelt, schwer zu beantworten ist.

33 natürlich unter Aussparung der Passage über den Meisterdieb und ggf. mit weiteren Kürzungen

34 Cf. Sparmberg, Beiheft, S. 28-41. 59f; für weitere Bearbeitungen Herodots und Motivvergleiche, die über meine Auflistung hinausgehen, s. Bolte/Polívka, S. 397, Anm. 1 und Müller, S. 51f, Anm. 45.

35 Nach Maaz stellt dieses Werk, dessen genaue Quellen und Überlieferungstechnik umstritten sind, einen wichtigen Schnittpunkt zwischen dem orientalischen und dem mittelalterlich-europäischen Literaturkreis dar. Cf. auch Bolte/Polívka, S. 397f.

36 Das Märchen der Brüder Grimm zeigt im Gegensatz zu den anderen aufgeführten Rezeptionsdokumenten keine enge motivische Verwandtschaft mit Herodots Novelle hinsichtlich der einzelnen Diebstahlepisoden. Lediglich das Motiv der trunkenen Wächter erinnert, wie Bolte/Polívka, S. 388, bemerkt, an die herodoteische Novelle. Ich habe es dennoch als prominentesten Vertreter der Meisterdieb-Erzählung im Märchengut mitaufgenommen.

37 Eine vollständige Auflistung der Meisterdieb-Erzählungen im Märchengut geben Bolte/Polívka, S. 379-406. Zu den verschiedenen Typen von Meisterdieb-Erzählungen im Märchen und ihren Interpretationen s. Lox.

38 Als Grundlage für die Erstellung des Schülertexts und –kommentars diente mir hauptsächlich die wissenschaftliche Textausgabe von Hude; daneben benutzte ich die älteren Kommentare von Abicht, Stein und Waddell, den neueren Kommentar von Lloyd sowie die Schulausgaben von Borgmann (Aschendorff), Borst (Klett) und Tambornino (Schöningh). Von der wissenschaftlichen Textausgabe wich ich nur geringfügig ab, und zwar in der Großschreibung von Qe/roj und ceimw/n (Z. 7-9 meines Textes), da diese Nomina hier als Eigennamen gebraucht werden, ferner ließ ich in Z. 85 meines Textes ebenso wie die Kommentatoren das Wort onon stehen, das nur in der jüngeren Handschriftengruppe d ausgefallen ist. Um das Textbild schülerfreundlicher zu gestalten, passte ich ferner die Zeichensetzung an die deutschen Regeln an und setzte am Satzanfang mit Großschreibung ein. Der Kommentar enthält hauptsächlich Vokabelangaben, wobei ich hier die attischen Formen anführe, da dies für die Schüler der Ausgangsdialekt ist. Daneben dienen der Texterschließung einige Fragen zur Syntax, die sich auf Einzelprobleme beziehen, aber nicht auf generelle Schwierigkeiten oder Anforderungen des Texts, die im Rahmen der Lektüre übergreifend behandelt werden sollten (cf. 4.2).

39 Die folgende Übersetzung habe ich recht textnah gestaltet und auf allzu freie Übertragung ins Deutsche verzichtet, um auf diese Weise eine mögliche Schülerübersetzung zu antizipieren und so mit den Schwierigkeiten des Textes umzugehen, wie es den Anforderungen des Griechischunterrichts entspricht. Dass sich die Novelle innerhalb des ägyptischen Logos verselbstständigt, habe ich durch den Wechsel von indirekter zu direkter Erzählung markiert.